Robert Palmer
Um Zehn ging er ins Bett. Morgens. Am Abend zuvor hatte er, begleitet von Niedeckens „Leopardefell“-Band, ein Konzert in Köln gegeben. Der Anlaß: die Präsentation seiner neuen Compilation Eine lange und feuchte Partynacht sowie zwei verpaßte Flugzeuge später hält ein mitgenommer, aber gut gelaunter Palmer in einem Hamburger TV-Studio hof, redet allerdings erst, als eine Flasche Scotch und Eis griffbereit sind. Hast Du ein Rezept (regen einen kapitalen Kater? Wie Du siehst: Zigaretten und Whiskey in rauhen Mengen, hahaha. Nach den „Early Years“ von ’87, ^4ddictions I“ von „89 und JT von ’92 ist dies bereits die vierte Best-Of-Palmer. Wie oft wird die Kuh noch gemolken? Die „Addictions“ waten meine persönliche Auswahl. Diesmal legte mir die Firma 30 Songs meines gesamten Kataloges vor, ich habe 15 ausgesucht. Viele Leute kennen halt meine Songs, wissen aber nicht, daß ich der Sänger bin. Eine Neu-Aumal ¿ me ist dabei. Dein* Version des Staple Singers-Klassikers „Respcct Yourself“. Den hab ich rein zufallig in einer Karaoke-Bar wiederentdeckt. Ich habe den Song dann so gesungen, wie ich als Teenager sang das gleiche Gefühl wie früher. Ich nahm ihn mit der Produktionstechnik der 90er Jahre, aber mit dem Gefühl von damals auf. So hat sich für mich der Kreis geschlossen. Vor über 30 Jahren fingst Du als 15jähriger bei den Mandrakes in Yorkshire an, warst mit 19 Sänger beim Alan Bown Set, dann kamen Dada und Vinegar Joe. Hast Du Dich nie nach einer festen Band zurückgesehnt? Eine Gruppe, das heißt ja angeblich Demokratie. Du kommst dann mit deinem Song an, und wenn alles aufgenommen ist, erkennst du das Lied nicht mehr wieder. Nichts für mich. Ich will von der ersten Idee bis zum fertigen Band alles genau nach meinen forstellungen. Meine Songs gehören schließlich mir. Gibt es einen all-time-favourite unter Deinen eigenen Songs? Auf „You Oughta Kuow By Now“ bin ich stolz. Ich habe ein Jahr gebraucht, drei Ideen in drei Tonarten zu einem Song zu verarbeiten. Habe ich gestern Nacht auch gesungen, war auch klasse selbst als ich den Text vergaß. Mit welchen Tricks zieht man sich in solchen Situationen denn als Performer aus der Affäre? Das ist wie an Theater: Das Publikum soll die Schnüre und Dekorationen nicht sehen, sondern ausschließlich die Aufführung genießen. Sie sollen sich blenden lassen, ohne es zu merken. Man muß eben ein guter Illusionist sein. Nach zwölf Jahren Bahamas nun sieben Jahre die brave Schweiz vermißt man da nicht die karibische Leichtigkeit? Was heißt hier Leichtigkeit! Ich mußte Wachleute für mein Haus und Bodygards für meine Kinder anheuern. Ich hab die Nase gestrichen voll vom Dritte-Welt-Bullshit Ich brauche zu Hause meine Ruhe, und in der Schweiz habe ich Bäume und Vogelgezwitscher satt. Ich vermisse das Meer, aber wenn mich die Sehnsucht packt, fahr ich einfach hin. Seit Jahren giltst Du als notorischer Beau, als einer der elegantesten Männer in Showbusiness. Stil, Image oder nur Zufall? Wenn ich ehrlich bin, hätte ich jetzt in diesem Studio lieber ’ne Badehose an, so warm ist mir. Mode interessiert mich nicht, und ein Image brauch ich auch nicht. Ich zieh mich nur gern passend an, und so wie jetzt kann ich überall rumlaufen. In einem guten Anzug kann ich Stunden im Flugzeug schlafen und sehe immer noch perfekt aus, wenn ich ankomme. Okay, auf der Bühne wirkt ein Anzug manchmal deplaziert, aber soll ich deswegen in Jeans und T-Shirt auftreten? Nein. Du bist ein passionierter Kunstsammler, hast als Grafiker und Fotograf gearbeitet, als Musiker und Produzent sowieso. Welche Talente gehen Dir ab? Sprachen. Ich beneide Leute, die viele Sprachen beherrschen. Zu Hause in der Schweiz habe ich Freunde, die mühelos vier Sprachen sprechen. Neid, purer Neid! Wenn ich nicht Musiker wäre, würde ich gern als Kritiker die großen Hotels und Restaurants dieser Welt testen. Ich würde das Management natürlich immer vorher wissen lassen, daß ich komme. Naja. Ich hoffe, daß zumindest meine Kinder noch ein paar Sprachen lernen. Deine Tochter ist 15, Dein Sohn 17 Jahre alt. Bist Du ein guter Vater? Ja, bin ich. Ich hab sie nie wie Babies oder Spielzeug behandelt. Wir sind Freunde. Ich bin stolz auf sie. Es gibt ja kein Anleitungsbuch für Eltern, aber ich denke, ich hab alles instinktiv richtig gemacht. Hat Robert Palmer vielleicht sogar so etwas wie ein Lebensmotto? Oh ja! Immer die sauren Zitronen wegschmeißen. Wie bitte? Vergiß es. Viel existentieller ist, daß ich gerade den ausgewachsenen Nikotin-Turkey kriege. Hat denn wirklich niemand hier Zigaretten? Mit Menthol? „The Very Best Of Robert Palmer“.