Kino: The Fighter :: Regie: David O. Russell
Sportlerfilme haben im amerikanischen Kino eine lange Tradition. Sie zeugen vom Selbstverständnis einer Nation – jeder, der ein Kämpferherz besitzt, kann alles schaffen. Gut auch, dass es im Sport oft tragische Schicksale gibt, denn Amerika leidet gern mit seinen Underdogs und gescheiterten Helden.
Dazu zählt auch Micky Ward, ein Boxer irischer Herkunft aus dem Arbeiterstädtchen Lowell nahe Boston. Er galt lange als ewiges Talent, bis er 1996 bereits jenseits der 30 überraschend Weltmeister im Halbweltergewicht wurde. Der WBU-Titel gilt zwar als relativ unbedeutend, und Wards Höhenflug war nach sechs Jahren auch schon wieder vorbei. Doch die Boxfans liebten die Story des Malochers, dem Regisseur Russell nun mit Mark Wahlberg in der Hauptrolle ein bewegendes, immer authentisch im Milieu geerdetes Denkmal setzt.
Der Film beginnt drei Jahre vor dem Triumph. Mickys Halbbruder Dicky (Christian Bale) schildert einem Fernsehteam, wie er 1978 den lange Zeit unbesiegten Sugar Ray Leonard in einem Kampf kurz auf die Bretter geschickt hatte. Diese Episode erzählt er großspurig beim Schattenboxen immer wieder. Sie hat ihn zu einer lokalen Legende gemacht. Mittlerweile ist er aber ein trauriger, unberechenbarer Clown auf Crack, und die TV-Reportage entpuppt sich als Recherche über die Drogenproblematik. Als Micky sich in die selbstbewusste Kellnerin Charlene (Amy Adams) verliebt und von Dicky in eine Schägerei mit Cops hineingezogen wird, sagt er sich auf Rat seines neuen Trainers von seiner kaputten Familie los.
Bevor Russell im Schnelldurchlauf die ersten Boxszenen zeigt, die sich im letzten Drittel zu elektrisierenden Ringschlachten steigern, nimmt er sich ausreichend Zeit mit der Einführung der Charaktere und ihrer Konflikte. Das Herz des Films pocht vor allem in Mickys innigen, aber schwierigen Verhältnis zu Dicky, dem Bale abgemagert und aufgekratzt eine grandiose Präsenz verleiht. Auch Melissa Leo als Mutter Alice, eine herrische White-Trash-Diva, die mit dem Managerjob für Micky überfordert ist, wird nie zur Randfigur. Und Adams, die sich bereits in romantischen Komödien wie „Verwünscht“ als Schnuckelchen etabliert hat, geht famos den Weg von Anne Hathaway in „Brokeback Mountain“.
Wahlberg dagegen glänzt in dieser hysterischen Sippe als fast schüchterner, melancholischer Ruhepol, der erst in den Kämpfen seinen ganz großen Auftritt bekommt. Zwar hat Russell einige Trainingsszenen etwas pathetisch mit Musik im „Rocky“-Stil unterlegt, jedoch auch viele dramatische Momente in einem fiebrigen Rhythmus inszeniert, wie man es sonst von Martin Scorsese kennt. Dass anders als in „Wie ein wilder Stier“ oder zuletzt „Million Dollar Baby“ alles versöhnlich endet, folgt den Regeln des amerikanischen Traums. Ursprünglich sollte Darren Aronofsky die Regie führen, der dann aber mit „The Wrestler“ einen Abgesang auf den klassischen Sportlerfilm drehte.