Barry Feinstein :: „Real Moments“
Nicht jeder könne ein Bild so „zum Singen bringen“ wie Barry Feinstein, schreibt Bob Neuwirth im Vorwort des Prachtbands und hängt die Messlatte hoch: „Wie ein großartiger Song sollte auch ein Foto etwas ausdrücken“, ein Gefühl mindestens, Poesie gar.
Neuwirth war Dylans langjähriger Vertrauter, sein Partner in crime beim Beobachten und Belächeln, nicht selten auch beim Verhöhnen jener Umstände und Personen, denen sie auf Tourneen begegneten, insbesondere in Europa. Feinstein fing diese ironisch-gelangweilte Aneignung ein, zeigt ungläubiges Staunen, gönnerhafte Gesten, überlegenes Grinsen. Und natürlich auch den Künstler bei der Arbeit auf der Bühne.
„Real Moments“ nennt der Fotograf diese vielsagenden Visualisierungen ultimativer Hipster-Coolness, die in den Jahren 1966 bis 1974 entstanden und zur Hälfte noch nicht publiziert wurden. Wobei sich der private Dylan kaum vom posierenden unterscheidet. Es liegt stets amüsierte Distanz in seinen Augen, sofern er sie nicht hinter dunklen Gläsern versteckt.
Wir sehen Dylan mit Kindern auf Kopfsteinplaster in Liverpool, mit einer alten Blumenverkäuferin in Birmingham, mit Francoise Hardy backstage in Paris, mit Jimmy Carter, damals noch Gouverneur von Georgia, in dessen Landhaus. Unter einem Bild, das Dylan mit zwei hübschen jungen Dingern zeigt, steht: „Zwei irische Ladys kamen in sein Hotelzimmer. Sie waren Dichterinnen, und er war ziemlich begeistert von ihren Gedichten.“ Das war er ganz bestimmt.
Die folgende Doppelseite, ein halber Quadratmeter, ist Dylans Händen gewidmet, mit langen Fingernägeln zum Saitenzupfen und brennender Kippe. „Die Hände des Poeten“, schwärmt der Fotograf, „sehr ausdrucksstark.“ (Schwarzkopf & Schwarzkopf, 50 Euro)