Margo Jefferson – Über Michael Jackson
Margo Jefferson verfolgt ganz ohne positivistischen Ehrgeiz und Pedanterie, aber dafür mit interpretatorischem Witz und stilistischer Eleganz den Weg vom Motown-Kinderstar und Frontboy der Jackson 5 zum Pop-Superhelden.
Aber sie liest dieses Leben vom Ende her, weil sie verstehen will, wie aus Jackson der Freak werden konnte – oder vermutlich musste: der größenwahnsinnige König des Pop, der sich schließlich mit allen Mitteln, nicht zuletzt der kosmetischen Chirurgie, zur solitären, divinatorischen Gestalt überformte. Jackson entledigte sich aller irdischen Abhängigkeiten und erschuf sich selbst neu: geschlechts-, familien-, rasse- und alterslos. Ein Gott.
Einer der frühen Impulse seiner Verwandlung ist wohl sein Selbsthass. Und der resultiert vor allem aus dem – auch in Gesprächen kaum verhohlenen – Hass auf seinen Vater Joseph Jackson, diesem ungebildeten Proleten und Macho, diesem brennend ehrgeizigen Schinder, der seine Kinder von klein auf zu vollautomatischen Tanzäffchen drillte und der sich mit den Worten verteidigt haben soll, er habe die Kinder nie geschlagen, allenfalls „mit Kabel und Gürtel ausgepeitscht“.
Michael Jackson hat sich früh gewehrt. Dummerweise sah er seinem Vater sehr ähnlich. Seine optische und habituelle Transformation liest Jefferson insofern als letzten Akt der Emanzipation, er konterkariert Josephs Pimp-Virilität, indem er seine Haut heller und seine Zügen androgyner werden lässt; er kappt, zumindest symbolisch, seine genetische Verbindung zum Vater. Und wenn ein Eingriff in die DNA möglich gewesen wäre, so steht zu vermuten, hätte er auch das noch versucht. (Berlin, 9,90 Euro)