R.E.M. Unplugged: The Complete ::
Ein bisschen gemein ist es schon, dass R. E. M. uns seit ihrer Trennung im September 2011 ständig mit Wiederveröffentlichungen daran erinnern, wie großartig sie waren. So auch mit diesem Doppelalbum, das endlich ihre beiden „MTV Unplugged“-Auftritte zusammenfasst. Zum Record Store Day schon als limitierte Vier-LP-Box erschienen, sind die Aufnahmen nun zum ersten Mal offi ziell auf CD zu hören -um elf zusätzliche Songs erweitert, die damals gar nicht ausgestrahlt wurden. (Einwandfreie Bootlegs der Shows kursieren freilich seit Jahren.)
Als R. E. M. 1991 auftraten, war die Welt noch eine andere: MTV war eine Weltmacht, die Band mit dem Hit-Album „Out Of Time“ am Zenit ihrer Karriere. Die kleine Collegeband konnte inzwischen Stadien füllen, doch für sie war es ein Leichtes, ihre Lieder in abgespeckter Version zu spielen. Sie waren nie auf Soundgewalt oder große Gesten angewiesen. Peter Bucks feines Mandolinenspiel passt perfekt zum Format, die Spielfreude wird von keinerlei Perfektionismus getrübt. Man hört Mike Mills vor „Disturbance At The Heron House“ noch „One, two, three, four“ rufen, beim „Radio Song“ rutscht Michael Stipe ein „Whoops“ raus. Als Zugabe sind jetzt unter anderem das bewegende „Fretless“ und die Außenseiter-Hymne „World Leader Pretend“ zu hören.
2001 war die Band eine andere. Bill Berry hatte sie 1997 verlassen, am Schlagzeug saß nun die Aushilfe Joey Waronker. Das Album „Reveal“ warf keine Hits ab, aber etliche feine Songs daraus -„I’ve Been High“,“I’ll Take The Rain“ – spielten sie hier zum Glück dennoch. Trotz der Unterstützung von Allrounder Scott McCaughey und Keyboarder Ken Stringfellow klangen R. E. M. zu der Zeit fragiler, sie suchten noch die richtige Dynamik als Trio. Aber gerade in dieser Brüchigkeit, auch in Stipes rauerem Gesang liegt eine neue Faszination. Mit R.E. M. wurde es nie langweilig, und das kann man nicht von vielen Bands behaupten. Wie „Unplugged 2011“ wohl geklungen hätte?(Rhino/Warner)