Molina and Johnson

Molina and Johnson

Selbst vom Blues ist nur ein Skelett übrig. Ein knochiges Riff und eine singende Säge jammern, das Aufnahmeband rauscht, und Edgar Allen Poes Rabe flattert „Nimmer mehr“ flüsternd vorüber und verdunkelt den Himmel der LoFi-Tragödie „All Gone, All Gone“, die um die Vergeblichkeit allen Bemühens und von der Einsamkeit weiß, die einen am Ende erwartet.

Wenn man davon liest, wie dieses Nebenprojekt von Jason Molina und Will Johnson entstanden ist, will das nicht so recht zur bitteren Traurigkeit der Platte passen. Johnson, von dem man vielleicht schon einmal gehört hat, weil er Chef der Band Centromatic ist und gerade für die Monsters Of Folk trommelt, hat Molina, den man als Magnolia Electric Co. kennt, nach einem Konzert angequatscht. Man hatte viel Spaß dabei, darüber zu diskutieren, welche Hüte am besten für Konzertauftritte geeignet sind, und endete schließlich in einem Studio in Austin, um eine Woche lang Songs zu schreiben und diese mit Freunden aufzunehmen.

Auch wenn sich die klagenden Stimmen auf der Platte abwechseln, der Tonfall ist stets der gleiche. Tristesse prägt die intimen, unmittelbaren, atmosphärischen Songs vom Verlassen und Verlassenwerden. Verglichen mit dem, was noch kommen wird, wirkt das mit Harmoniegesang betörende „Twenty Cycles To The Ground“ am Anfang sogar sanft und leichtfüßig. Dann aber überrumpelt einen das schwergewichtige Klavierdrama „All Falls Together“.

Durch das sehnsüchtige „Almost Let You In“ weht Trostlosigkeit und stille Verzweiflung – ein Thema, das auf dem Album wieder und wieder variiert wird. Zum Beispiel, wenn im gospelhaften „Each Star Marks A Day“ die Gitarre wehmütig die Töne dehnt, ein E-Klavier den Blick verschwimmen lässt. Wenn „Lenore’s Lullaby“ von unruhigen Träumen erzählt, wenn das Gitarrentremolo in der Skizze „Now, Divide“ zum Seufzer wird. Wenn es in der kargen Ballade „What You Reckon, What You Breathe“ heißt: „And we never know, when evil is in its place/ At least we never know in time.“ Und auch nach dem selbstquälerischen Klagen von „Wooden Heart“ bleibt der Sternenhimmel unbarmherzig und stumm, lässt den Frager einsam und namenlos zurück.

Gunther Reinhardt