„I’m hungry still to see what’s down another road“, singt die Streisand auf ihrem ungefähr 50. Album, gebettet in Johnny Mandels dezente Orchester-Arrangements. Das große Ensemble tönt oft leiser als das Piano, an dem die Sängerin sich orientiert. Der Geschmack der Großmeisterin gilt ja als ebenso sankrosankt wie ihr Vortrag – doch wie der späte Sinatra scheut sie alles Zeitgenössische, jedes Wagnis, jede Herausforderung. Auf „Love Is The Answer“ perlt das Piano, der Besen streicht, es könnte 1955 sein: „In The Wee Small Hours Of The Morning“ singt Barbra Streisand mit gelinder Verzweiflung; Jacques Brels „Ne Me Quitte Pas“ bringt sie teils auf Französisch, teils als „If You Go Away“; „Make Someone Happy“ gehört schon lange zu ihrem Repertoire; und gegen Ende schreckt sie nicht zurück vor „Smoke Gets In Your Eyes“, das schon in J.D. Salingers „Fänger im Roggen“ von 1951 als Beispiel für klischeehafte Erwachsenenmusik vorkommt.

Die „Deluxe Edition“ versammelt die meisten Stücke immerhin auf einer zweiten CD, die nur mit einem Quartett aufgenommen wurden. Und bei der Auswahl achtete die Streisand durchaus auf den Zeitgeist und engagierte Diana Krall am Klavier, die gewohnt luxuriös durch die Stücke klimpert, das ganze Leben ein Nachtclub in Rio. Im Vergleich phrasiert Steisand geradezu nach Jazz-Weise und konterkariert den Schönklang – wenn auch sehr selten. Aber für die rabiateste amerikanische Demokratin heißt es nun nach langer Finsternis: „Spring Can Really Hang You Up The Most“. Sie ist das klingende Äquivalent zu dieser weißen Süßigkeit in Kugelform, die angeblich ohne Schokolade hergestellt wird.

Arne Willander