Manchmal bewahrt auch leger praktizierter Obskurantismus nicht vor Hitparadenerfolg. Wenn es einen Song gibt, der diese These untermauert, dann ist das „A Whiter Shade Of Pale“, einer der so überhaupt nicht kaputtbaren Ohrwürmer der Popmusik. Da war im Text von einem wegfliegenden Dach die Rede und von 16 jungfräulichen Priesterinnen der Göttin Vesta (das war die des Herdfeuers).

Und was Keith Reid mit „härter summenden Räumen“ gemeint haben könnte? Reid war als Kumpel von Gary Brooker zu der Zeit Partner in einer Art Songschreiber-Workshop unter Vertrag bei einem Musikverlag. Die von Brooker nach mehreren Anzeigen im „Melody Maker“ zusammengestellte Formation, die unter dem Namen Procol Harum den besagten Song aufnahm, war auch mehr so eine Art Projekt denn richtige Band.

Als aber „A Whiter Shade Of Pale“ im Sommer 1967 weltweit ein Hit wurde, musste Brooker das Personal umgehend mehrfach auswechseln, um auch live überzeugend Präsenz beweisen zu können. Wenige Monate später wechselten sie auch den Manager aus. Der neue- auch für The Move zuständige- Tony Secunda schickte sie in ziemlich lächerlichen Pop-Gewändern auf Tourneen vor allem in Frankreich und den USA. „Homburg“ war dann immerhin noch Top 6 in England. Als die ansonsten schon überall veröffentlichte Debüt-LP „Procol Harum“ (***1/2) auch in England erschien, war sie ein totaler Flop. Aber auch dieser und der Misserfolg von „Shine On Brightly“ (««««) entmutigten Brooker & Co. nicht .

Als Keith Reid für „A Salty Dog“ dramatische Lieder über schiffbrüchige („The Wreck Of The Hesperus“) und dann doch noch gerettete Seeleute („A Salty Dog“) schrieb und richtige erzählerische Qualitäten entwickelt hatte, lauschten auch im eigenen Land wesentlich mehr. Dass sich Procol Harum jemals zu einer so beständigen Institution des sogenannten Classic Rock (und das im doppelten Sinne des Begriffs, denn von Bach über Richard Strauss bis Tschaikowsky inspirierten Altvordere die Band), hätte damals selbst Brooker nie zu prophezeihen gewagt.

Gitarrist Robin Trower dirigierte sie bei“Home“ (***1/2) zwar vorübergehend mehr in die bluesige Richtung ihrer Anfänge, aber nach seinem Weggang frönte das Gründer-Duo mehr denn je seiner Lust an ernsthafter wie leichter Klassik. In diesem wunderbaren Füllhorn von Outtakes und unveröffentlichtem Material auf allen CDs fehlt nur leider ausgerechnet der prima produzierte Stereo-Mix von „A Whiter Shade Of Pale“. (Salvo/Soulfood)

Franz Schöler