Eine Orgel und ein Synthesizer seufzen eine gefühlte Ewigkeit unisono um die Wette. „How much do you make/ In that death factory?“, fragt Cedric Bixler Zavala, bevor „Luciforms“ zum zornigen Bluesrockshuffle mutiert. Später ist vom Chor der Fingernägel die Rede, und als keine Worte mehr da sind, wird John Frusciantes Gitarrensolo die Story zu Ende erzählen.

Surreal geht es in den knurrigen Epen von The Mars Volta zwar nach wie vor zu. Dennoch hat sich Omar Rodriguez-López auf „Octahedron“ selbst gezähmt. Die Songarchitekuren sind weniger verschachtelt, die Arrangements weniger verworren. Statt immer neue Klangebenen aufeinander zu schichten, hat er seine Songs entkernt, aufs Wesentliche reduziert- zum Beispiel in „Since We’ve Been Wrong“. Wäre da nicht dieses leise Synthiesummen, das man anderthalb Minuten aushalten muss, bevor die Wehklage beginnt, ginge der Song als konventionelle Hardrockballade durch.

Auf „Octahedron“ hat man den Eindruck, dass das Postrockgemisch von The Mars Volta implodiert ist, dass die Unmengen an Ideen, mit denen Rodiguez-López früher die Alben vollgepackt hat, zu einigen wenigen zusammengeschmolzen sind. Diese Konzentration, Reduktion, Vereinfachung erhöht die Intensität der Songs von The Mars Volta.

Da gibt es etwa das fast achtminütige Epos „With Twilight As My Guide“, einen teuflischen Traum, der zu einer Akustikgitarre durch die Dunkelheit irrt. Da sind die verstörende Infrarot-Vision namens „Teflon“, die von einem wilden Schlagzeug getrieben wird, die Ode „Halo Of Nembutals“, die von der Vergeblichkeit allen Bemühens erzählt, der entfesselte Rocker „Cotopaxi“, das ungeduldige „Desperate Graves“. Und da gibt es die Ballade „Copernicus“, die dann doch noch den Blick über den Rand der bekannten Welt hinaus wagt, als Rodriguez-López einen verdrehten elektronischen Rhythmus einschmuggelt. (Universal)

Gunther Reinhardt