Gemma Ray
„Lights Out Zoltar!“
Sie wolle mit ihrem neuen Album die Welt umarmen, sagt Gemma Ray. Das ist eine Neuigkeit, weil das vorangegangene Debüt, „The Leader“, eine düstere Platte war. Die Sängerin aus Essex kämpfte mit einer mysteriösen Krankheit und schrieb ihre Lieder im Delirium. Jetzt, ein gutes Jahr später, sei nicht alles gut, jedenfalls aber sehr viel besser.
Ihre Art ändert Gemma Ray auf „Lights Out Zoltar!“ allerdings nicht, sondern komponiert weiterhin ihr Fifties-/Sixties-Pastiche aus Spaghetti-Western, Lee-Hazelwood-Zitaten und Soul-Pop. Doch haben Songs wie das staubig schunkelnde „(You Got Me In A) Death Roll“ und das summend fingerschnipsende „Tough Love“ etwas Unbekümmertes; manchmal sind sie sogar ein bisschen lustig. Allerdings hat Gemma Ray auch dann Spaß, wenn die Lieder nicht offensichtlich freudig erregt sind- ungefähr die Hälfte des neuen Repertoires bleibt dunkelherzig, mysteriös und noir.
„Lights Out Zoltar!“ ist eine detailverliebte, groß angelegte, romantische Platte. Gemma Ray und Produzent Michael J Sheehy hatten viel mehr Zeit als beim Debüt, das in England ganz gut angekommen ist und so ein größeres Budget gerechtfertigt hat. Zu den Hallspiralen und Twang-Gitarren kommen jetzt riesig viele Ideen, schräge Sounds und aufwändig gestapelte Gesänge.
Großartig ist etwa das gespenstische „Goody Hoo“ – im Refrain ist das Lied mit Klavier und Geigenensemble eine tolle Fifties-Nostalgie, doch im Mittelteil klingt alles plötzlich ganz verstimmt. In der schwarzen Romanze „Snuck A Peek“ vibriert eine Lapsteel unheilvoll, es detonieren die Töne, der Western wird psychedelisch. Das schönste Lied ist „100 Mph (In 2nd Gear)“, ein 50s-TexMex-Zwitter mit cineastischen Streichern und Morricone-Chören. Fabelhaft! (Bronzerat/Soulfood)
Jörn Schlüter