Ben Harper And Relentless7
White Lies For Dark Times
Ben Harper hat eine neue Band namens Relentless7. Drei Herren aus Austin, Texas sind das, die schon auf Harpers letzter Platte zum Zuge kamen, allerdings nur bei einem Lied. Harper braucht offenbar Abwechslung von den Innocent Criminals, seiner Stammband.
Freilich ändert die neue Band nichts an Harpers Klassizismus. Es wird ja immer die Kindheit im Plattenladen seiner Eltern als musikalische Sozialisation angegeben, und mit ihr wird erklärt, warum Harpers Platten eine Tour de Force durch den Rock und Soul der späten Sechziger und frühen Siebziger sind. Auch „White Lies For Dark Times“ ist eine stilistische Musealisierung. Doch mit der neuen Band kommt ein neuer Sound.
Harper mischt mehr Hardrock und Uralt-Blues ins Repertoire, es kracht gewaltig. „Number With No Name“ entwickelt sich aus einem derben Led Zeppelin-Riff- Jimmy Page steht ohnehin Pate für vieles auf dieser Platte, auf MySpace kann man sogar eine durchaus gelungene Cover-Version von „Good Times, Bad Times“ hören.
Die neue Besetzung kommt voll zur Geltung. Gitarrist Jason Mozersky spielt enorm kraft- und geschmackvoll, genau wie Trommler Jordan Richardson, der wohl nicht so schwerfällig rollt, wie John Bonham es tat- abgeguckt hat er dem großen Alten aber doch eine Menge. Und Harper? Der lässt sich anstecken und spielt seine Slide-Gitarre deutlich derber als bisher.
Der pfundige Gesamtsound kleidet die stilistisch unterschiedlichen Songs einheitlich ein. „Why Must You Always Dress In Black“ evoziert die Allman Brothers, „Shimmer And Shine“ ist reiner Garagen-Rock, nur dass aus dem romantischen Sänger Ben Harper freilich keine Rotznase mehr wird. „Keep It Together“ ist psychedelischer Blues, wie Led Zeppelin ihn mit „Dazed And Confused“ oder „Since I’ve Been Lovin‘ You“ spielten.
Anderswo klingt Hendrix durch, auch schunkelnder Folk im Sinne Cat Stevens‚ ist wieder im Programm. Manchmal nerven die Sessions, vertraut Harper zuviel seinen Riffs und dem intuitiven Fluss. Doch die Themen dieser Platte sind Sound, Erinnerung, Reinkarnation. Harper meistert sie vortrefflich. (EMI)
Jörn Schlüter