Howling Bells
„Radio Wars“
Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten: „Come sing with me a melody/ In the dark of the night/ Everytime I close my eyes/ The sun appears again“, seufzt Juanita Stein in „Nightingale“, während der Rest der Howling Bells sie auf einem kuscheligen Soundflokati bettet, der am Ende in einem entzückenden Arpeggio ausfranst.
Von der Helligkeit des Dunklen, von digitalen Herzen, Spinnennetzen aus Gold, vom Ertrinken in brennenden Städten künden die Australier mit Wohnsitz in London immer wieder auf „Radio Wars“. Dreampop-Nummern wie „Treasure Hunt“ oder „Into The Chaos“ klingen dennoch bloß wie Variationen ihres drei Jahre alten Hits „Low Happening“.
Ob von befreiender Regression geträumt wird („Let’s Be Kids Again“) oder man sich Schlaflieder vorsingt, um Mut für den nächsten Albtraum zu haben („It Ain’t You“)- meistens versinken die Songs in zu weich gepolsterten Kissen, die Produzent Dan Grech-Marguerat aufgeschüttelt hat, in wattebauschigen Arrangements, in flauschigen Soundteppichen. Wenn Stein in „Cities Burning Down“ säuselt, „I dreamt I had a nightmare“, sichert sich die Band immerhin erneut Verweise zu David Lynchs verschachtelten Welten.
Erst nach „Ms. Bell’s Song (Radio Wars Theme)“, das mit einer akustischen Gitarre und einem verdrehten Basslauf beginnt und als ulkiger Marsch endet, scheint die Band hin und wieder wache Momente zu haben. Die Überdosis Koffein, die sie vor „Digital Hearts“ offensichtlich eingeworfen haben, tut ihnen gut. (Independiente/Pias)
Gunther Reinhardt