JJ Cale
„Roll On“
Schon 1971, als er im Sog von Eric Claptons „After Midnight“-Cover mit „Naturally“ debütierte, habe er sich „zu alt“ gefühlt für das Rock’n’Roll-Geschäft, dem er dann mit dem Image des Okie-Einsiedlers einfach seine Bedingungen diktierte. Jetzt, gerade 70 geworden, sinniert JJ Cale, ob er sich nicht besser „in eine Hängematte legen“ sollte.
Worauf nur böse Menschen sofort sagen werden, das habe der Mann doch schon immer getan – in Verkennung des Umstands, dass der womöglich entspannteste Sound der Rock-Welt auf einer produktiven Spannung, tja: beruht, die erst mal hergestellt sein will. Paradoxerweise- das wird auch auf „Roll On“ deutlich – will sich diese Spannung im Dialog mit anderen Musikern oft nicht recht einstellen.
So bleibt der mit Clapton und Band eingespielte Titelsong ein verzichtbarer Nachklapp zum gemeinsamen „The Road To Escondido“. Auch wenn er in Tulsa der umtriebigen „Oh Mary“ hinterherbalzt, taugt das nur für die Samstagnacht im Pub um die Ecke. Nein, wirklich singulär bleibt der Mann, wenn er da draußen im eigenen Studio-Saft schmort und seine Drum-Machine zum Shuffeln bringt, was er ja schon versuchte, als so was noch undenkbar schien.
Natürlich sind vintage Cale-Funker wie „Where The Sun Don’t Shine“ und das flirrende „Fonda-Lina“ nur geübt-gekonnte Variationen des schon Bekannten. Banjo („Strange Days“) und Pedal-Steel („Leaving In The Morning“) finden auch ihr Plätzchen. Mit dem swingenden „Who Knew“ bringt das Album immerhin noch Cales spätes Debüt als Scat-Sänger- lustig, bedenkt man, dass er sein gehobenes Genuschel stets nur als weitere Textur seines Sounds hörte.
Im schönsten Song „Former Me“ maunzt er zum gemütlichen Piano mit ironisch-wehmütigem Blick zurück: „From the dawn til the sunset of my life it’s a trip I did not see/ Not til later did I recognize the guy that was the former me.“ Zu guter Letzt fordert er „Bring Down The Curtain“. Ist „Roll On“ schon sein letztes Album? Immerhin ist er derzeit mal wieder auf Westcoast-Tour. JJ Cale wird einfach weiterrollen, bis er irgendwo liegen bleibt. (Warner)
Jörg Feyer