Alela Diane
To Be Still
Immer wieder dringt der eisige Winter erbarmungslos durch jede Ritze dieser seelenvollen Lieder. Da sind die durchfrorenen Nächte und die vom Schnee begrabenen Leben in „White As Diamonds“, in dem Alela Diane Menig Wärme und Zuflucht bei einer Drehwurm-Geige, einem schlurfenden Schlagzeug und im Duett mit sich selbst sucht.
Da ist die Sehnsucht nach der fernen Liebe in „To Be Still“, wenn sie über die Wölfe im Wald und in den Wolken singt, während sie von einer Pedal-Steel eingelullt in den verschneiten kalifornischen Bergen einfriert. Da ist sanfte Verzweiflung von „Tatted Lace“, wenn sie ergreifend vom beschwerlichen Heimweg erzählt („Suitcase filled with stone/ Snow keeps me alone“). Und da ist dann doch noch etwas Hoffnung, wenn sie in „Take Us Back“ auf den vereisten Berggipfeln eine Verabredung zum Neuanfang trifft: „Meet me where the snowmelt flows“.
Alela Dianes Album „To Be Still“ ist ein empfindungreiches Meisterwerk. Die Songs sind größtenteils in der Zurückgezogenheit einer Hütte in Nevada City entstanden. Und den Geist der enttäuschten Erwartungen, der durch diese ehemalige Goldgräberstadt wehen muss, hat Alela Diane in sich aufgesogen. Die Ausdrucksstärke ihrer Stimme ist die gleiche wie auf ihrem Debüt „The Pirate’s Gospel“, das im vergangenen Jahr mit vierjähriger Verspätung endlich auch in Deutschland erschienen ist. Ihre musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten hat die 25-Jährige aber auf diesem wunderbar altklugen Album erweitert, verfeinert.
Immer wieder begleitet von Rondi Soules Violine und der Pedal-Steel von Pete Grant (der einst Jerry Garcia das Spielen beigebracht haben soll) stapft Alela Dianes mit ihren spätromantischen-symbolistischen Folksongs durch den Schnee, lässt Naturbetrachtung und Selbstfindung ineinander übergehen, erzählt innig von rastloser Suche nach Ruhe, von Vereinsamung, sucht sich ihr Plätzchen irgendwo zwischen Devendra Banhart („Age Old Blue“ im Duett mit Michael Hurley), dem frühen Neil Young („The Alder Trees“), aber auch Van Morrisons Album „Astral Weeks“ („Lady Divine“). Und träumt im betörenden „The Ocean“ den aussichtlosen Traum, endlich die dunklen Winter und die verschneiten Berge zu verlassen, um den Sonnenuntergang über dem Meer zu betrachten und Ruhe zu finden. (Fargo/Rough Trade)