Bonnie Bramlett
„Piece Of My Heart – The Best Of 1969-78“
Jahre später machte Bette Midler für ihr Debüt daraus ein ziemlich laszives Stück Cabaret. Bonnie Bramlett selbst sah in „Groupie (Superstar)“ mehr einen klassischen torch song, den sie mit Hilfe prominenter Freunde (Duane Allman, Leon Russell usw.) ins Southern-Soul-Genre überführte.
In dem kannte sie sich blendend aus. In den wenigen Jahren, in denen sie mit Ehemann Delaney, hochkarätigen Begleitern und prominenten Gästen (Eric Clapton, Dave Mason) auf Tournee ging, hatte ihre Southern-Soul-Revue Kritiker-Hymnen inspiriert. Das ging aber nur so lange gut, bis der schlaue Leon die Truppe kaperte und für Joe Cockers „Mad Dogs & Englishmen“ rekrutierte. Als dann auch noch die Ehe der Bramletts in die Brüche ging, musste die hübsche Bonnie Lynn O’Farrell mit der schwarzen Soul-Stimme ihr Auskommen erstmals in einer Solo-Karriere suchen.
Aufnahmen aus der Zeit, als Ike Turner ihr Sangestalent für so außerordentlich befand, dass er sie als einzige Weiße für seine Ikettes auswählte, bietet dieser Karriere-Überblick nicht. Der beginnt mit ihrer Aufnahme von „Piece Of My Heart“, mehr Gospelüberschwang denn die theatralisch als Melodrama zugespitzte Deutung von Janis Joplin, klassischer Stax/Volt-Sound und in den wenigen ekstatischen Momenten so beseelt und fesselnd wie die auch durch Joplins Konzerte bekanntere Version.
Ihr Faible für Gospel Music verleugnete sie auch später nie. Das von Dr. John arrangierte Traditional „When The Battle Is Over“ ist dafür ein exemplarischer Beleg. Bei der folgenden LP steuerte das Team Jerry Wexler/Tom Dowd die Karriere der beiden sicher durch traditionelles Southern-Soul-Gelände (Kostprobe dafür ist die famose Soul-Ballade „The Love of My Man“). Aber den kommerziellen Durchbruch bedeutete die LP „To Bonnie From Delaney“ so wenig wie die folgende „Motel Shot“.
Vorausgegangen war den beiden Studioproduktionen der „On Tour“-Mitschnitt, wegen des Namens von Eric Clapton im Titel die erfolgreichste aller Delaney & Bonnie-Platten. (Von demselben wählte man für diese Retrospektive aus welchen Gründen auch immer keine Aufnahme aus.) Als sie für ihr letztes gemeinsames Album, das Columbia-Debüt „D & B Together“, neben dem Dave-Mason-Ohrwurm „Only You Know And I Know“ endlich auch ihre eigene Deutung von „Superstar“ einspielten, kam das ein wenig spät. Ein Jahr vorher hatten die Carpenters davon mehrere Millionen Singles verkauft.
Die Zusammenarbeit mit der Average White Band brachte bei „Sweet Bonnie Bramlett“ inbrünstig gesungene Soul Music wie „The Sorrow Of Love“ hervor. Dass sie sich in den 80er Jahren wesentlich auf ihre Qualitäten als Gospel-Sängerin konzentrieren würde, deuteten die drei LPs für Capricorn zuvor noch nicht an. Man kann bedauern, dass die frühen Jahre gegenüber den Solo-Platten hier etwas unterrepräsentiert sind. Aber an den Überspielungen gibt es dafür nichts zu bekritteln. (Raven)
Franz Schöler