Oktober November :: Regie: Götz Spielmann
Mitten im WM-Sommer ein Familiendrama mit dem Titel „Oktober November“ in die Kinos zu bringen, ist zumindest gewagt. Aber ein Werk des österreichischen Filmerzählers Götz Spielmann, der 2009 mit dem lakonischen sozialen Realismus von „Revanche“ für den Auslands-Oscar nominiert wurde, könnte ein gutes Gegengift sein zu Fanmeile und Fahneschwenken, zumal der Regisseur wieder ausführlich, präzise und nüchtern auf die Themenkomplexe Heimat und Identität schaut.
Sonja (Nora von Waldstätten) und Verena (Ursula Strauss) Berger sind in den österreichischen Alpen aufgewachsen. Sonja zog schließlich ihrer Sehnsucht hinterher nach Berlin, wo sie eine erfolgreiche Fernsehschauspielerin wurde, Verena blieb daheim, gründete eine Familie und kümmerte sich nach dem Unfalltod ihrer Mutter um ihren herzkranken Vater (Peter Simonischek). Das elterliche Wirtshaus führt sie zu dessen Missfallen allerdings nicht weiter.
Als der Vater im Sterben liegt, kommen die so ungleichen Schwestern sich langsam näher: Eigentlich sind beide in Rollen gefangen – die scheinbar freie, aber eigentlich haltlose und depressive Sonja, die in ihrem jüngsten Film eine Mörderin spielt, und die pflichtbewusste frustrierte Verena, die die Krankheit des Vaters zum Anlass nimmt, eine Affäre mit dem Hausarzt (Sebastian Koch) anzufangen.
Sehr subtil legt Regisseur Spielmann den Blick auf das komplexe Seelenleben einer Familie vor malerischer Kulisse frei. Seine Motive setzt er konsequent, aber unaufdringlich, und die fantastischen Hauptdarstellerinnen – eine katzenäugig-ätherische Nora von Waldstätten und eine nur auf den ersten Blick geerdete, verletzliche Ursula Strauss – deuten die inneren Stürme in diesem Spiel zwischen emotionaler Nähe und familiärer Enge eher an, als sie auszuspielen. „Oktober November“ ist die Antithese zum Public Viewing.