Can’t Get Enough :: All-Star-Blues mit Stephen Stills und Kenny Wayne Shepherd
Ein schnelles Album mit Musikern, die vorher so noch nie gemeinsam im Studio waren, bluesfundiert, aber nicht fixiert, Originale und Covers im Mix: Oberflächlich betrachtet, mutet „Can’t Get Enough“ wie eine sehr späte Fortsetzung von Stephen Stills‘ legendärer „Supersession“ mit Al Kooper an, zumal mit Barry Goldberg ein weiterer Zeitzeuge mitmischt. Der Keyboarder aus Chicago spielte 1968 auf zwei Stücken, auf denen Stills allerdings nicht spielte. So wie dieser ja damals auch nicht mit Mike Bloomfield gespielt hatte, sondern nur für ihn, nachdem der andere Gitarrist den zweiten Session-Tag gesundheitsbedingt sausen lassen musste.
Mit dem jetzt auch schon 36-jährigen Ex-Gitarrenwunderjungen Kenny Wayne Shepherd hat Stills für The Rides nun einen echten und offenbar inspirierenden Spielgefährten gefunden. Die Verve und der Esprit, mit denen er sich hier gleich in das Swamp-Abenteuer „Mississippi Road House“ und später in den Slow-Blues „Can’t Get Enough Of Loving You“ oder das wütende „Word Game“ stürzt, lassen jedenfalls den Schluss zu, das Stills‘ Enthusiasmus für dieses durch Kevin McCormick (Bass) und den herrlich stoischen Chris Layton (einst Stevie Ray Vaughans, jetzt Shepherds Drummer) unterstützte Trio mehr ist als heiße PR-Luft, die nur der Hitze des Moments geschuldete Prosa wie „die Bluesband meiner Träume“ oder gar „die magischste Erfahrung meines Lebens“ hervorbringt. Stimmlich ist Stills zwar nicht mehr ganz auf alter Höhe. Aber gerade die Note, die er dann doch nicht mehr ganz kriegt, macht so ein verletzliches Resümee wie „Don’t Want Lies“ umso anrührender.
Mit kernig, aber nicht zu exzessiv zelebrierten Klassikern von Willie Dixon („Talk To Me Baby“) und Muddy Waters („Honey Bee“) kann nichts schiefgehen, und Stephen Stills mal mit Neil Youngs „Rockin‘ In The Free World“ zu hören, ist auch ganz schön. So steht nur das Stooges-Cover „Search &Destroy“ richtig deplatziert in der Gegend rum, zumal Shepherd den Brachial-Song nicht wirklich singen kann. Vielleicht sollte ein Repertoire-Ausreißer her, so wie damals mit Al Kooper diese nach wie vor unfassbare Mega-Version von Donovans „Season Of The Witch“. Doch das stärkere Band-Feeling, das The Rides auf „Can’t Get Enough“ verströmen, musste wohl einfach auf Kosten all der schönen Exzentrik einer „Supersession“ alter Schule gehen.
(Provogue/Mascot/Rough Trade) JÖRG FEYER
Emilíana Torrini