Catherine Deneuve Edition :: Regie: Jacques Demy, Luis Buñuel, François Truffaut

„Soll ich vielleicht ein Gedicht aufsagen?“- Catherine Deneuve ist, anders kann man das gar nicht ausdrücken, ziemlich cool. Man muss sie dafür noch nicht einmal im Kino betrachten, es genügt einfach, ihr einmal zugesehen zu haben, wenn sie sich in der Öffentlichkeit bewegt. Zum Beispiel bei einer Pressekonferenz, wo sie vor Beginn die verkrampft wartende Pressemeute mit derartigen Bemerkungen auflockert. Die Deneuve hat Stil, Eleganz und vor allem eine wunderbare Lässigkeit. Es ist die Souveränität einer Frau, die schon ganz andere Dinge überstanden hat, die weiß, was sie will, und auch, dass sie mit jeder Situation im Zweifel besser umgehen kann als ihre Umgebung. Man muss gar nicht die Talkshows gesehen haben, in denen sie ebenso souverän über Bücher und Geschichte und zur Not sogar über ihr Facelifting parlieren kann, es genügt, hinzugucken, ihren Blicken zu folgen und dem gelegentlichen Zucken der Mundwinkel, den Gesten, mit denen sie die ständig glühende Zigarette hält, in jedes entfernt verfügbare Gefäß hineinascht, ihre Augen zu betrachten, die schon alles gesehen haben, die alles zu wissen scheinen -man kann der Deneuve noch immer rettungslos verfallen.

Es ist das Klischee von der „kühlen Blonden“, das Catherine Deneuve anhaftet. Aber die Deneuve ist, man kann das an den Augenbrauen erkennen, von Natur aus dunkler, als sie sich gibt. Eine Blondine nur in bewusster Wahl. Hinter der Fassade findet man auch Verletzliches, hinter dem Marmor die dunklen Seiten einer gequälten Seele. Da ist die Geschichte von ihrer älteren Schwester Françoise Dorléac, die auch ein Filmstar war und mit der sie in Jacques Demys „Les Demoiselles de Rochefort“ singt und tanzt. Kurz darauf verunglückte Dorléac bei einem Autounfall tödlich -und Leute, die es wissen müssen, sagen, Catherine sei dann nie wieder dieselbe gewesen. Nur ganz wenig hat sie davon in ihren Tagebüchern preisgegeben, umso mehr in ihren Filmen, in denen sie vor allem in den Siebzigern die dunkle Seite ihres Wesens bloßlegte: In Luis Buñuels „Tristana“ etwa spielt sie eine junge Unschuld, die von einem alten Mann zunächst vereinnahmt wird, sich ihm dann aber mit immer massiverer Brutalität entzieht.

Die Deneuve ist fragil, immer umgeben von einer gewissen Nervosität, und vielleicht ist es das, was dem Betrachter suggeriert: Sie ist nicht fertig, nicht am Ende ihre Wegs. Zugleich ist da ein patentpraktischer Zug, die typische Erfahrung ihrer Generation, die sie aufbewahrt und auf grundsätzliche Ebenen hebt, jenes Nachkriegsmädchenhafte, deren Träume immer etwas sehr Präzises, Pragmatisches, gar nicht Träumerisches, sondern

unangenehm Konkretes haben, denen die ganze Welt offenstand, die dem innerlich aber gar nicht gewachsen waren. Aber das ist nur die eine Seite der Deneuve. Sie ist keine Hausfrau, sondern eine Königin, die immer einen Hauch von Unglück, von Unerfülltheit, etwas Suchendes ausstrahlt. Vielleicht liegt dieses Unglück sogar nur in der Tatsache, dass sie alles haben kann und viel gehabt hat. Filme, Regisseure, Männer. Erlebnisse.

Jacques Demys „Die Regenschirme von Cherbourg“ machte die erst 21-jährige Deneuve 1964 zum Weltstar. Seitdem hat sie viele gute Filme gemacht, sich selten für Zweitklassiges hergegeben. Bis heute ist die Deneuve, die auf der Anrede „Mademoiselle“ besteht -mit Roger Vadim und Marcello Mastroianni, den Vätern ihrer beiden Kinder, war sie nie verheiratet -, eine sehr schöne Frau, so schön, dass es schwer zu sagen ist, worin genau ihre Wirkung als Schauspielerin besteht. Früher war es vielleicht das latent Verworfene, abgrundtief Amoralische, das hinter der allzu prächtigen Fassade zu lauern scheint. Seit „Die letzte Metro“ (1980) von François Truffaut, mit dem sie in den Siebzigern mal liiert war, erscheint sie zugleich als eine Frau mit Erfahrungen, der Melancholie des Alterns und der Fähigkeit zum Mitleid. Einerseits ist sie sehr diszipliniert. Ein „kleiner Soldat“, wie sie sich selbst in ihren Tagebüchern bezeichnet hat. Doch da ist mehr. Nicht nur Kontrolle, auch Exzess. Und ein Film mit ihr ist immer ein Deneuve-Film.

(Studiocanal)

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