Blue Film :: Die US-Antwort auf James Blake interpretiert „Grease“ neu

James Blake darf zu seinen Brüdern im Geiste gezählt werden, sein hier und da sinfonischer Ansatz erinnert aber auch an Sufjan Stevens oder Owen Pallett. Das Wunderkind spielt Geige, Cello, Bass, Klavier und Gitarre und hat in Lorde eine erste prominente Fürsprecherin gefunden. Und wenn alles mit rechten Dingen zugeht, wird der aus Baltimore stammende Matthew Hemerlein in diesem Jahr ähnlich reüssieren wie der neuseeländische Shootingstar. Denn was LoFang, so sein Künstlername, auf seinem in diversen Hotelzimmern, auf einem Bauernhof in Maryland sowie in Studios in Nashville und London aufgenommenen Debütalbum fabriziert, ist unerhört: eine Neuerfindung von Soul und R&B mit elektronischen bis orchestralen Mitteln.

Den Anfang macht eine entschleunigte und unterkühlte Interpretation von „You’re The One That I Want“ aus dem Musical-Film „Grease“; allein diese das Original gegen den Strich bürstende Coverversion dürfte den Anhängern der Clubkultur Tränen in die Augen treiben, während sie sich in Zeitlupe über die Tanzfläche schleppen. Wird dann noch „Boris“ vom deutsch-schweizerischen Duo Boy derart aufgesext und zu Ende gedacht, dass sich die ursprünglichen Cookies in Codein verwandeln, ahnt man, dass die verführerische Stimmung, eine perfide Aufforderung zur Untreue, jederzeit kippen kann.

Überhaupt schwingt ein Moment der Verunsicherung in sämtlichen Songs auf „Blue Film“ mit. „Give it up if nothing matters“, heißt es gleich zu Beginn des melancholischen „#88“, bevor Hemerleins Stimme ins Falsett wechselt, um am Ende im Streicherschmelz zu erklären, dass es nichts nützt, die Brocken hinzuschmeißen: „Does it ever change/Or does it always feel the same/It always feels the same“. Schöner wird man kaum resignieren können in diesem Frühjahr. (4AD/Beggars) ALEXANDER MÜLLER

Tensnake

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