Augustines :: Billy McCarthy verarbeitet seine Traumata in großen Melodien
Ein Debüt zu verdunkeln mit den Schizophrenie-Suiziden von Mutter und Bruder; den Bandnamen zu verändern nach einem aufgewühlt rezipierten Erstling – clever ist das nicht. Solche Borstigkeit führt natürlich eher selten zu strahlenden Karrieren. Sie zeigt jedoch sublime Therapie-Arbeit. An der offenen Seele, vor Publikum. Der wiederholte Namenswechsel des Projekts, ehemals We Are Augustines bzw. Pela, ist sichtbares Symbol für den festen Willen des Sängers und Gitarristen Billy McCarthy, seine Traumata Schritt für Schritt weiter aus dem Fokus zu drängen. Seine persönlichen Quälgeister möchten bitte lärmempfindlich sein.
Mit einer Dosis Novocain und der brüchigen Stimme des ähnlich traumatisierten Mark Everett aalt sich McCarthy niemals in triefäugigsanfter Molligkeit. Fast jeder Song des zweiten Albums kracht und erhebt und treibt vorwärts. „Cruel City“ etwa ist mit aufgekratztem Ethno-Beat fast geeignet für Formationsgehampel vor dem Disco- und Tanzschulspiegel. So hands up, uh. Die dröhnenden Emanzipationshymnen „Kid You’re On Your Own“ oder „Now You Are Free“, das mit The-Edge-Gitarre auf Arenen gezielte „Nothing To Lose But Your Head“ oder „Hold Onto Anything“, das McCarthy wie ein Tambour unter Trommelwirbeln zelebriert: Recht fraglich, ob diese tapferen Gesundungsbehauptungen dem fachärztlichen Blick standhalten. Jeder pfeift ja besonders laut, wenn die Äste kaum einen Schimmer durch die Waldbäume lassen. Aber beeindruckend, dieser Wegfindung vom Rande aus zuzuhören. Große Melodien, große Songs, wahre Gefühle. (Votiv/ Caroline) RÜDIGER KNOPF