The Counselor :: Michael Fassbender, Cameron Diaz
Regie: Ridley Scott Start: 28.11.
So kalt war es noch nie in Mexiko. Ein eisiger Hauch zieht sich durch die Bilder, die Ridley Scott nach dem Originaldrehbuch des Schriftstellers Cormac McCarthy („No Country For Old Men“) inszeniert hat. Und jeder Satz daraus lässt einen frösteln, wenn die Protagonisten über den Tod als Gnadenakt, die Anmut des Jägers und den schicksalhaften Schliff von Diamanten dozieren. Im scharfen Kontrast dazu beginnt der Film mit vollkommener Zärtlichkeit. Michael Fassbender, der als Anwalt von allen nur Counselor genannt wird, kuschelt mit seiner Verlobten (Penélope Cruz) unter der Bettdecke. Es ist eine der ergreifendsten Liebesszenen, die je gedreht wurden. Verspielt, voller Lust, Hingabe, Wärme. Dann wechselt die Stimmung schlagartig und wir befinden uns in einer Welt luxuriöser Eleganz, in der Cameron Diaz die femme fatale mit maliziöser Gefühlskälte verkörpert. Weil der Counselor finanziell über seine Verhältnisse lebt, beteiligt er sich mit dem verschwenderischen Restaurantbesitzer Reiner (Javier Bardem) an einem Drogendeal .Einmal nur. 20 Millionen Dollar. Schnelles Geld. Das Risiko glaubt er kalkulieren zu können, selbst als sein Mittelsmann Westray (Brad Pitt) ihn warnt: „Sollte man Sie umlegen wollen, ist es nicht persönlich gemeint. Es geht nur ums Geschäft.“ Scott erzählt eine Parabel von Gier und Sühne und streift dabei die Welt des mexikanischen Drogenkriegs. Mit McCarthys prosaischen Dialogen über Mordmethoden und Todesqualen hat er virtuos vor allem brutales Kopfkino geschaffen.
Danny Trejo, Mel Gibson
Regie: Robert Rodriguez Start: 19.12.
Die fiktiven Trailer im „Grindhouse“-Double-Feature von Robert Rodriguez und Quentin Tarantino haben als ironische Huldigung die Kultur des Schmuddelkinos perfekt auf den Punkt gebracht. Und zu Recht hat es daraus der pockennarbige Nebendarsteller Danny Trejo als Machete schwingender Rächer („You just fucked with the wrong mexican“) 2010 zur Kult-Hauptfigur in Spielfilmlänge gebracht. Doch die Veredelung des Schäbigen funktioniert kein weiteres Mal: Der seltsame Humor, die billigen Kunstblutbäder, überspannten Charaktere und lächerlichen Fetisch-Outfits sind nur noch berechenbarer Trash. Viele Szenen wirken wie schlichte Wiederholungen und noch schlechter gedreht als die C-Movie-Vorbilder. Charlie Sheen gibt unter seinem Geburtsnamen Carlos Estevez als US-Präsident gewohnt den Frauen-und Maulhelden, Mel Gibson ist als Rüstungsindustrieller mit größenwahnsinniger Rassenideologie ein Abklatsch des Bond-Bösewichts. Wie schon beim Sequel von „Desperado“ gelingt es Rodriguez nicht, aus den Versatzstücken ein Original zu schaffen.
Chloë Grace Moretz, Julianne Moore Regie: Kimberly Peirce Start: 5.12.
Künstlerisch waren Remakes nur selten wertvoll, aber das ist Hollywood eh egal. Aus rein kommerzieller Hoffnung werden Klassiker und einstige Kassenschlager noch einmal verfilmt, für ein junges Publikum, das die Originale kaum kennt. Immerhin fast vier Jahrzehnte alt ist Brian De Palmas Adaption von Stephen Kings Roman über die pubertierende Carrie. In der Schule gehänselt und von ihrer religiös-fanatischen Mutter gepeinigt, endet der Abschlussball nach einem Augenblick des Glücks in einer Katastrophe. Sissy Spacek war in der Rolle für den Oscar nominiert, aber auch Chloë Grace Moretz („Kick-Ass“) verkörpert sie beachtlich. Mit ihr lotet die Regisseurin Kimberly Peirce („Boys Don’t Cry“) umfassender als De Palma die Gefühlswirren des Mädchens aus, betont das Coming-of-Age-Drama statt, wie heutzutage üblich, auf überbordende Horroreffekte zu setzen. Das Finale, bei De Palma eine meisterhafte bizarre Komposition, gerät dann aber doch zur plumpen Metzelei. Zudem zeigt Peirce weder stilistisch noch dramaturgisch eine eigene Vision. Größtenteils hat sie sogar Szene für Szene nachgedreht. Nur De Palmas schwüle, voyeuristische Atmosphäre ist geradezu prüden Bildern gewichen. Nicht gescheitert, aber auch keine Verheißung.
Maribel Verdu, Sofia Oria Regie: Pablo Berger Start: 28.11.
Mit zehn Goyas ausgezeichnet, ist Pablo Bergers schwarz-weißem Stummfilm ein später Triumph vergönnt. Der spanische Regisseur hatte seine Idee zeitgleich zu Michel Hazanavicius‘ „The Artist“ entwickelt, aber erst nach dem Oscar-Erfolg des Franzosen das Projekt finanziert bekommen. Am europäischen Expressionismus orientiert er den Stil seines Melodrams, in dem er das Märchen von „Schneewittchen“ mit viel Folklore in die Stierkampfarena der 20er-Jahre verlegt. Carmen (Sofia Oria), Tochter des einst gefeierten, nun gelähmten Matadors Villata (Daniel Giménez Cach), ist als künftige Erbin des Vermögens ihrer boshaften Stiefmutter Encarna (Maribel Verdu) im Weg. Einen Mordanschlag überlebt das Mädchen, verliert dabei aber das Gedächtnis. Bei den kleinwüchsigen Toreros eines Wanderzirkus erkennt Carmen ihr Talent für die Corrida. Starke Darsteller, famose Bilder, große Poesie und passende Musik, die dieser Hommage einen eigenen Rhythmus verleiht.