Live At The Academy Of Music 1971 :: Essenzielle Box mit Aufnahmen von vier legendären Konzerten
Die seismischen Erschütterungen, die „Music From Big Pink“ und gut ein Jahr später „The Band“ auslösten, produzierte bei den Kollegen seinerzeit mehr grenzenlose Bewunderung denn den Wunsch, es mit diesem wunderbaren Ensemble aufnehmen zu wollen. Was heute unter dem Begriff „Americana“ als Rest von Utopie firmiert, lässt sich ziemlich genau auf diese beiden LPs zurückdatieren. Aber zunächst war damals Country-Rock angesagt.
Ein völliger Flop in England, schaffte es das Debüt sofort auf Platz 30 der US-Hitparade, „The Band“ in die Top 10 und „Stage Fright“ tatsächlich auf Platz 5 der Billboard-Hitparade. Womit vielleicht nicht das geflügelte Wort vom Propheten im eigenen Land widerlegt wurde, Erfolg aber ausnahmsweise einem Ensemble beschieden war, das mit vergleichbar hochgesteckten Ambitionen angetreten war wie vorher Frank Zappa oder Captain Beefheart. Mit der Tatsache, dass sie einst Bob Dylan auf Tournee begleitet hatten, war dieser große Erfolg nicht zu erklären. Mit PR-Anstrengungen seitens Capitol auch nicht.
Als die Band auf die Idee kam, nach der nicht so meisterlich gelungenen LP „Cahoots“ an den letzten vier Tagen des Jahres 1971 alle Konzerte in der New Yorker Academy of Music aufzeichnen zu lassen, war das eine weise Entscheidung. Die aus den Bändern erstellte Doppel-LP kletterte sofort auf Platz 6. Mit „Rock Of Ages“ hat das jetzt vorgelegte Konzert-Set nur noch wenig zu tun. Ohne sklavisch irgendeinem Ideal von historisch „wahrem“ Klang des Vinyl-Originals zu folgen, mischte Bob Clearmountain für die ersten beiden CDs 29 aus allen vier Tagen ausgewählte Aufnahmen komplett neu ab, nur um daraus bezüglich Sequencing und Sound so etwas wie ein ideales Konzert von The Band zu (re)konstruieren, das es so nie gab.
Wir haben es hier nicht mit einem Dokument zu tun, sondern der Illusion eines optimalen Konzerts. Bei den CDs 3 und 4 wiederum handelt es sich auch nicht um das übliche auf so einem Mitschnitt präsentierte Live-Erlebnis, sondern um einen Soundboard-Mix des kompletten Auftritts am Silvesterabend 1971. Sprich der „analytischen“, in der Anlage auf der Bühne in vielen separaten Tonspuren erfassten Version des musikalischen Geschehens. Mehr als ein Dutzend der Aufnahmen sind erstmals überhaupt zu hören. Das dritte Erlebnis präsentiert die DVD, nämlich knapp zwei Stunden mit 27 ausgewählten Aufnahmen in Surround-Remixes. So faszinierend wie hier hat man The Band kaum je gehört. Da fehlt zwar bei der DVD-Audio-Spur „Like A Rolling Stone“ in der fabelhaften Aufnahme mit Dylan. Die klanglich größere Offenbarung bietet das Plättchen allemal.(Capitol/UMe) FRANZ SCHÖLER
Burt Bacharach