Country & Western Hit Parade 1966-71 :: Die späten Jahre im Konvolut von Country-Ohrwürmern
Die Doktorarbeit, die Bill C. Malone 1965 an der University of Texas über die ersten 50 Jahre Country-Music-Geschichte geschrieben hatte, war als Pioniertat eine so gründliche und überhaupt nicht akademisch verkopfte Studie, dass sie -1968 als 400-Seiten-Wälzer veröffentlicht – sofort zum Bestseller avancierte. Zu dem Zeitpunkt war Country Music längst wieder Big Business geworden, und die vielen Preisverleihungen feierte die Branche „with lots of drinking, eating and whoring“, wie Colin Escott in den Liner Notes anmerkt.
Country Music war immer noch so etwas wie ein Parallel-Universum. Auch als Gene Clark und Chris Hillman, Byrds, Dylan und Grateful Dead ihre Empfindungen für das Genre nicht mehr verhehlen mochten, blieben sie für die Country-Gemeinde trotzdem Hippies, über die Merle Haggard schon immer mal ein lästerliches Lied wie „Okie From Muskogee“ schreiben wollte. So jedenfalls erzählt es Colin Escott in den langen Anmerkungen zu diesem damals sehr kontrovers diskutierten Song.
Streng genommen war der natürlich genauso wenig ein Country-Song wie die Jimmy-Webb-Kompositionen, die Glen Campbell zum Star machten, oder die Geschichte vom Selbstmord des Billie Joe, der die Karriere von Roberta Streeter aus Chickasaw County, Mississippi begründete. Trotzdem mochte Escott bei seiner Auswahl für diese große Retrospektive auf den Ohrwurm von Bobbie Gentry (das Künstler-Pseudonym der Dame) genauso wenig verzichten wie auf „Sin City“ und „Wild Horses“ von den Flying Burrito Brothers oder Kris Kristoffersons „Me And Bobbie Mc-Gee“. Letzteren Song findet man hier in der Aufnahme von Roger Miller, „Sunday Morning Coming Down“ in der von Johnny Cash. Die meisten Klassiker wie Loretta Lynns „Coal Miner’s Daughter“ und Jerry Reeds „Guitar Man“ gibt es als Original-Ohrwürmer. Natürlich auch Jeannie C. Rileys „Harper Valley P. T. A.“. Der Song aus der Feder von Tom T. Hall war der erste Country-Bestseller, der es neun Jahre nach Marty Robbins‘ „El Paso“ an die Spitze der Pop-Hitparade schaffte. Was kurz darauf Johnny Cash mit „A Boy Named Sue“ nicht gelang. Das verhinderte der Song „Honky Tonk Women“ von dieser Band aus England. (Bear Family) FRANZ SCHÖLER