Tommy (Superdeluxe Edition) :: Als Riesen-Box und abermals auf Doppel-Vinyl: Townshends Oper
Durch die Geschichte vom sexuell missbrauchten taubstummen Jungen, der erst als Virtuose am Flipper und dann als neuer Heiland gefeiert wird, steigt man besser durch, wenn man über die Jahre Pete Townshends Anmerkungen verfolgt hat. Als er das Projekt lange vor den Sessions mal ROLLING STONE-Herausgeber Jann Wenner erläuterte, war das noch ein relativ unscharfes Konzept. Wie das dann alles realisiert wurde, erzählt Intimus Richard Barnes sehr ausführlich in seinen Liner Notes zur neuen Superdeluxe-Edition. Für dieselben stellte ihm Townshend einiges an Text und Informationen zur Verfügung, die er in seiner Autobiografie weggelassen hatte. Was insofern verblüfft, als man nach der Lektüre annehmen durfte, dass er dort endlich alle Unklarheiten zu diesem Lieblingsprojekt ausgeräumt hatte.
Dass jetzt auch „Tommy“ in teurer Liebhaber-Ausgabe nachgereicht wurde, ist nachvollziehbar, weil das Album den Who damals das finanzielle Überleben sicherte. Offenbar immer noch etwas verbittert, erzählt Townshend jetzt, dass Manager Kit Lambert davon faselte, man müsse für die Sessions unbedingt Symphonieorchester verpflichten, im Übrigen aber gern in Pubs versackte, anstatt sich um die Produktion zu kümmern. Lamberts Drängen, eine Oper müsse stilgerecht auch mit einer Ouvertüre beginnen, gab er am Ende doch nach.
Einige Demos und Outtakes auf der zweiten CD der Deluxe-Ausgabe vor zehn Jahren hatten schon dokumentiert, was für eine schwere Geburt das wurde. Zwischendurch musste die Band immer wieder Konzerte geben, damit der nötige Cash-Flow wenigstens halbwegs gesichert war. Die Super-Edition präsentiert jetzt noch andere und weit mehr Demos, nämlich bis auf die heikle Geschichte von „Cousin Kevin“ das Album praktisch komplett, außerdem das unveröffentlichte „Trying To Get Through“ und die Studioaufnahme von Mose Allisons „Young Man Blues“. Weil die auf der Deluxe-Ausgabe von 2003 so grottenschlecht klang, hat Jon Astley sie für die Neueste komplett neu abgemischt. Und viele andere Demos wie das von „Pinball Wizard“ gleich mit dazu so formidabel, dass diese Outtakes-Kollektion das wahre Sammlerteil für Who-Fans ist. Denn das Official Bootleg hier, überwiegend bei einem Konzert in Ottawa im Oktober 1969 aufgenommen und wie die übrigen knapp drei Dutzend Mitschnitte der Tournee von Tonmann Bob Pridden seinerzeit gegen die ausdrückliche Anordnung von Townshend nicht gelöscht, ist zwar aufnahmetechnisch nicht mal so übel, aber eigentlich auch nur eine manchmal etwas wacklig verlaufene Generalprobe für die Konzerte in Leeds und Hull. (Universal) FRANZ SCHÖLER
The Waterboys