Mick Harvey Four (Acts Of Love) :: Ein etwas verwirrender Titel. „Four (Acts Of Love)“ ist nämlich das sechste Soloalbum des ehemaligen Birthday-Party-, Crime-&-The-City-Solution-und Bad-Seeds-Multiinstrumentalisten. Und es besteht aus drei Liebes-Akten mit insgesamt 14 Songs. Nun waren zwar die beiden ersten Veröffentlichungen des Australiers 1995 und 1997 ganz seinen Übersetzungen von Jacques Brel gewidmet. Andererseits fanden sich auf den beiden folgenden jeweils zehn Jahre später auch nur insgesamt vier eigene Stücke neben Fremdmaterial von nicht ganz überraschenden Kandidaten wie Nick Cave, Lee Hazlewood oder Jeffrey Lee Pierce. So war eigentlich 2011 das ganz selbst verantwortete „Sketches From A Book Of The Dead“ sein Solodebüt.
Diesmal gibt es wieder Coversongs, fünf isgesamt, darunter ein spröder Blues des karibischen Voodoo-Folkies Exuma und ein Stück von PJ Harvey, die er auf ihrem jüngsten Album „Let England Shake“ schon zum dritten Mal als Co-Produzent unterstützte. Aber mit der Liebe im Zentrum könnte hier der zweite Teil eines Zyklus um die ewigen Determinanten des Lebens vorliegen. Denn „Sketches“ war ein vertontes Totenbuch, in dem er Erinnerungen an verstorbene Freunde und Bekannte notierte -überwiegend zärtliche, flüchtige Songs wie verblassende Fotografien.
Im Herzen schmerzliche Folkrocknummern, schließen die Stücke von „Four“ stilistisch an „Sketches“ an. Ein paar davon rocken etwas deutlicher, aber auch diese verschwimmen gern in zitternd fransendem Vibrato, bauen auf zwei kaum angezupften Saiten oder brummen unter sachten Feedbackdrones dahin. In der Neigung zum Atmosphärischen erkennt man seine Arbeit als Filmkomponist ebenso wie in manchen dunkel lauernden Momenten die Bad Seeds, denen er immerhin 25 Jahre lang (bis 2009) vorstand. Sein Gesang erinnert öfter angenehm an Kurt Wagner, auch mal an Guy Clark oder fern an Scott Walker. Die Instrumente spielt er fast alle selbst, Rosie Westbroke steht wieder am akustischen Bass und JP Shilo hilft mit Gitarre und Geige.
So wie er sich auf „Sketches“ weniger mit dem Tod an sich als mit der Form der Erinnerung beschäftigte, so handeln nun auch seine Liebeslieder eigentlich von den Ideen der Liebe, die er fein in Stimmungsbildern zwischen zwei Lobpreisungen der Welt zu Beginn und am Ende ausbreitet. Das klingt oft wehmütig und zärtlich, auch mal düster oder illusionslos wie in seiner spannenden Version des Saints-Songs „The Story Of Love“. Aber wie auch auf „Sketches“ bewahrt Harvey meist eine gewisse Distanz und kommt schließlich zu einer beinahe heiteren Gelassenheit im Angesicht des Unvermeidlichen:“Oh darling, where have they gone, all our dreams and what we have done -into the unknown.“
(Mute/Goodtogo)