My Generation :: Das Debütalbum der Who von 1965 – eine Art von Patchwork
Niemand kümmert sich um sein musikalisches Vermächtnis seit vielen Jahren umsichtiger und liebevoller als Pete Townshend. Mittlerweile liegen alle Großtaten seiner Band in exzellenten Remaster-, teils auch in ganz hervorragenden Remix-Fassungen vor, seit 2002 auch das Langspiel-Debüt mit so vielen Singles und Outtakes rund um die LP aufgenommen, dass es Fans Tränen der Freude in die Augen treiben konnte.
Etwas vermessen war trotzdem immer der Versuch, „The Who Sings My Generation“ zu einem der epochalen Erstlingswerke zu erklären. Egal, was Andy Neill alles an Superlativen in seinen Liner Notes für das Lob dieses Erstlingswerks in der Luxus-Ausgabe bemüht – es ändert nichts an der Tatsache, dass es sich um Patchwork handelte, eine Kollektion von Singles und weiteren Studio-Produktionen, bei denen die Cover-Versionen der beiden James-Brown-Vorlagen nicht gerade ein glückliches Händchen bei der Auswahl demonstrierten.
Besser war da schon die von „I’m A Man“, die ideal zum Image der Band passten. Absurd nur, dass es diese Aufnahme gar nicht auf die US-Version der LP schaffte – angeblich, weil man bei der amerikanischen Decca die Zeile „When I get you in bed darling/ We’ll make love all the time“ für jugendgefährdend befand. Die Verse hatte sich offenbar spontan Roger Daltrey ausgedacht – im Bo-Diddley-Original kommen die nirgends vor. Aber auch in der zensierten Fassung schaffte es die LP nicht mal in die Top-200-Liste von „Billboard“, während die Band daheim nach drei Single-Hits in Folge längst so populär war, dass das Debüt sofort auf Platz 5 der englischen LP-Hitparade kam.
Dass „Live At Hull“ (****¿) nicht nur im Rahmen des sündteuren „Live At Leeds“-Deluxe-Schubers, sondern einzeln käuflich ist, dürfte Who-Fans mit schmalerem Geldbeutel entzücken. Die 20 Sekunden John Entwistle am Bass, die bei der Aufzeichnung zwischen „Fiddle About“ und „Do You Think It’s Alright?“ fehlten, wurden vom Leeds-Multitrack digital kopiert und eingefügt. In den neuen Liner Notes beschränkt sich Andy Neill diesmal darauf, ausführlich von der Restauration zu erzählen. (Universal) franz schöler
Ian Matthews