Graham Parker & The Rumour Three Chords Good ****1/2 Camper Van Beethoven La Costa Perdida :: In seinen grellen Schwänken dekliniert der Komiker Judd Apatow seine liebsten Songschreiber durch: Nach „Knocked Up“ mit Katherine Heigl, für dessen Soundtrack (und eine kleine Rolle) er Loudon Wainwright III gewinnen konnte, kommt nun „That Is 40“ mit einem weiteren verschrobenen Helden aus der randständigen Jugend des Regisseurs – Graham Parker spielt sich selbst. Da trifft es sich gut, dass Parker die Musiker von The Rumour wieder zusammengerufen hat, jener Band, mit der er von 1976 bis 1980 fünf Alben aufnahm. Apatow hat auch einen berühmten Grafiker an der Hand, der die sechs älteren Herren auf grünem Rasen vor einem Regenbogen inszenierte, was aussieht wie „ein Album mit christlicher Rockmusik“, so Parker.
Die Treue zu dem großartigen Engländer wird nun belohnt: „Three Chords Good“ ist ironischerweise so gut, weil Parker nach langer Zeit nicht bloß viele solide Songs mit drei Akkorden für sich selbst und drei Musiker schrieb, sondern mit Martin Belmont und Brinsley Schwarz zwei Gitarristen und mit Bob Andrews sogar einen Organisten zu beschäftigen hatte. Der Mann, der einst Kisten in Marokko und Gibraltar verlud und in einer Gummihandschuhfabrik arbeitete, spielt den Pub-Rock als höhere Kunst, züngelt noch einmal ambivalente Liebeslieder, empfiehlt sich den Frauen in „Coathangers“ als gerechter Liberaler (sie sollen ihre Körper ruhig kapitalisieren) und ätzt am Ende in „Last Bookstore In Town“: „We got a reader!“
Zwei Fotos stehen einander im Booklet gegenüber: Parker und The Rumour 1979, wuschelköpfig. Und Parker und The Rumour 2012, kahlköpfig, kinnbärtig, sonnenbebrillt – die Sorte Typen, mit denen man kein Mädchen allein im Raum lassen würde. Fantastisches Album. (Primary Wave)
Als sich Camper Van Beethoven 1989 trennten, hatten sie die seltsamste, die melancholischste und anrührendste Folk-Country-Psychedelia-Hillbilly-Studenten-Platte aller Zeiten aufgenommen: „Key Lime Pie“ war ein letzter Gruß der Campus-Hippies, deren frühere folkloristische Klamauk-Alben ihnen einen Vertrag mit Virgin einbrachten. Damals kannten wir den Begriff „Americana“ noch gar nicht. David Lowery, die heisere, zu Herzen gehende Stimme und der Songschreiber der Band, schlug schließlich den vermeintlichen Weg zum Erfolg ein und gründete Cracker, die auf „Kerosene Hat“ und „The Golden Age“ noch einmal jene strahlende Nostalgie erreichten, die Camper mit vollen Kellen verteilt hatte. Sie kamen dann mit einem Remake von „Tusk“ von Fleetwood Mac zurück und schrieben mit „New Roman Times“ eine vitriolische Kritik an den USA unter George Bush Jr.
Auf „La Costa Perdida“ knarzt, dudelt und schnulzt es behaglich, und David Lowery besingt die „Northern California Girls“ und krächzt die lebensmüden Betrachtungen von „Come Down The Coast“ und dem surrealistischen „Too High For The Love-In“, bei dem ein Frauenchor die Atmosphäre gewisser Erotikfilme der 70er-Jahre setzt, bevor das Lied vollkommen abdriftet und Lowery „Flying ambulance!“ und „Make me a sandwich!“ singt. Der Dixieland-Sentimentalist hat diesmal vielleicht zu oft dem vielstimmig eiernden Chaos der Kollegen an den Saiteninstrumenten nachgegeben, die einst mit Eugene Chadbourne und singender Säge lärmten. Californian Gothic! (429 Records/Membran)