Two Gallants :: The Bloom And The Blight
Garagen-Folk, Americana und Punk perfekt zusammengebracht
„OK Computer“ war so eines und „Beautiful Freak“, „Fashion Nugget“, „Is This It“ oder „Letting Off The Happiness“: Alben, die dem Hörer direkt an die Kehle gehen. Bei ihm den Impuls auslösen, voller Euphorie auch Leute zuzutexten, die bei Discountern Nudeltüten und Joghurtbecher in Kofferräume legen. So ein großes Album ist auch „The Bloom And The Blight“. Im Vergleich wirken die beiden geschätzten Vorgänger des Duos aus San Francisco wie blasse Entwürfe. Nicht so melodisch und episch, so herzzerreißend, so wütend, furchtlos und eindringlich. Unter dem Cover, das sie als achtjährige Freunde zeigt, gelingt Adam Stephens und Tyson Vogel nach der Kreativpause (inkl. einem Kleinbus-Unfall) ein grandioser Neustart.
Die zehn Songs vibrieren vor Energie. Krachende Achterbahnfahrten, die in Sekunden zur Hölle und zurück rasen – in Szene gesetzt nur mit Gitarre, Drums und dieser ungeheuerlichen, wie irre bebenden Stimme von Stephens. Es stockt der Atem, wenn der Ertrinkende in „Halycon Days“ ihrem Abschiedskuss nachsehnt und sich im Refrain in den Overdrive kreischt. Jeder scharf danebengesetzte Gesangston ist ein vor Emotionen berstendes Ereignis. Der dämonische Bewunderer aus „My Love Won’t Wait“ („You can cut me loose, you can try …“), der Reiter, der mit der schwer Verletzten davongaloppiert („Ride Away“), der Saufbold „Willie“ – sie alle sind Helden von Songs, die Americana und Punk auf famose Weise zusammenbringen und alle Vorbehalte gegen Garage-Folk mit der Wucht einer akustischen Abrissbirne niederreißen. Und wenn die Two Gallants am Schluss mit lichteren Stimmen und betörenden Gegengesängen wie von Mike Mills höchstpersönlich ihre „Sunday Souvenirs“ überreichen, dann rundet sich doch versöhnlich ein Meisterwerk. (Fargo/Indigo)
Rüdiger Knopf
Beste Songs: „Ride Away“, „Broken Eyes“