Bill Fay :: Life Is People
Altersweise und melancholisch: Der Folk-Apokalyptiker ist zurück
Dies darf man ohne Übertreibung als die beglückendste und am längsten ersehnte Wiedergeburt der laufenden Pop-Saison bezeichnen: Nach geschlagenen 41 Jahren hat der große britische Apokalyptiker und Folk-Prophet Bill Fay endlich ein neues Album herausgebracht; 41 Jahre nach dem epochalen, aber von den Zeitgenossen schändlich verschmähten Werk „Time Of The Last Persecution“, in dem er zu flatternden Jazz-Arrangements vor der Ankunft des Antichristen warnte; 42 Jahre nach seinem Debüt „Bill Fay“, in dem er sich wünschte, den Rest seiner Tage als Pflanze in einem schönen, abgeschiedenen Garten zu leben.
40 Jahre verschwand Bill Fay dann tatsächlich in abgeschiedenen Gärten, nachdem sein Plattenvertrag nicht verlängert wurde. Der exzentrische Current-93-Sänger David Tibet brachte 2005 das seinerzeit unvollendete dritte Album „Tomorrow, Tomorrow and Tomorrow“ heraus. Dass Fay nun erstmals wieder zwölf neue Songs aufnehmen konnte, hat er wiederum dem amerikanischen Produzenten Joshua Henry zu danken – ein weiterer junger Verehrer, Wilco-Sänger Jeff Tweedy, ist in dem Song „This World“ als Duettpartner zu hören.
Aber das Warten der Bill-Fay-Freunde hat sich gelohnt. „Life Is People“ ist ein ganz großes Album geworden: altersweise und melancholisch, aber nie bitter; immer noch vom apokalyptischen Ton des Fay’schen Frühwerks geprägt, aber – in Songs wie „The Healing Day“ – auch von Menschenliebe und Zuversicht. Gleichermaßen funkeln Minimalismus und Pracht: „Big Painter“, ein nachtdunkles Lamento über den Zustand der Welt, braucht nur einen glimmenden Gitarren-Drone als Untermalung; „Cosmic Concerto (Life Is People)“ schwingt sich hingegen mit Streichern, Chor und Gitarrenorchester zu einem schwelgerischen Lobpreis der Schöpfung empor. Angst und Zuversicht, Klage und Trost sind kein Widerspruch in dieser allen irdischen Jammer überwindenden, tief berührenden Musik. (Dead Oceans/Cargo) Jens Balzer
Beste Songs: „Cosmic Concerto (Life Is People)“, „The Never Ending Happening“