Dinosaur Jr. :: I Bet On Sky
Als Dinosaur jr. Ende der 80er-Jahre in Europa ankamen, kompilierten wir Mixkassetten, auf denen ansonsten noch Mudhoney, Buffalo Tom und die Pixies waren, aber (etwas später) auch Fugazi und andere US-Hardcore-/Punkbands jener Zeit. Hatte man eine Rocksozialisation hinter sich, musste man sich an die torkelnde Spielweise und den unorganisierten Lärm gewöhnen, doch diese Bands waren die Wende aus Amerika: So viel brüchige Naivität schwang insbesondere in den Liedern von J Mascis mit, dass man das neue, unsichere Jahrzehnt am Horizont aufziehen sah und in dieser Musik den passenden Soundtrack erkannte.
25 Jahre später haben sich die seit 2005 wieder im Original-Line-up aktiven Dinosaur jr. ihre Identität bewahrt – das ist das Unerhörte dieses Comebacks. Gleich im ersten Lied spielt J Mascis ein Gitarrensolo, das die herrliche Trauerkloß-Verzagtheit der Band ausdrückt. Die Gitarre flötet und zittert, und Mascis sucht halb unbeholfen, halb genial nach einfachen Tonfolgen, als wolle er den Grunge-Akkorden ein Kinderlied abringen. Halb unbeholfen, halb genial: Ein großer Teil aller guten Musik entsteht aus dieser Spannung. Auf „I Bet On Sky“ überrascht die Band mit einigen ungewöhnlichen Arrangements – in ein Lied ist ein akustisches Interlude eingebaut, bei einigen anderen spielen Keyboards mit. Doch J Mascis‘ Klangmonolith bleibt derselbe, die Band insgesamt bei ihren Leisten: schwankende Midtempo-Hardrocker mit Black-Sabbath-Riffs, dünn-gebrochener Gesang, schmatzende Crazy-Horse-Soli, ultratraurige, im Gitarreninferno versenkte Popschmachter und pumpende Punkrock-Explosionen. An „Pierce The Morning Rain“ könnte man gleich die ganze Geschichte dieser Musik erzählen, die erst Alterna, dann Grunge und dann Indie hieß: Das Riff hätte MC5 einfallen können und würde noch heute auf jedes Pearl-Jam-Album passen. Doch gespielt wird es von J Mascis.
Beste Songs: „Don’t Pretend You Didn’t Know“, „Pierce The Morning Rain“