The Walkmen :: Heaven
Indie-Gitarrenrock, jetzt mit noch mehr Sinn für Dramaturgie
Seit zehn Jahren spielt diese Band von der US-Ostküste nun schon klassischen 60s-Pop und -Folk-Rock durch einen Verstärker namens Indie-Rock. Ein bisschen rau, ein bisschen schief, ein bisschen improvisiert. So als hätten sich Bob Dylan und The Band 1967 im Keller vom Big Pink am Katalog von Roy Orbison versucht. Man war erstaunt, als sie als Appetizer für ihr neues Werk nun ein torkelndes, trunkenes Medley aus U2-Songs auf ihrer Website posteten.
Wenn man „Heaven“ hört, ergibt der Spaß dann aber doch Sinn. Nicht weil der charakteristische Walkmen-Sound von The-Edge-Gitarren und Bonos Heilsbringer-Pathos verdrängt worden ist, sondern weil die Band ihre Songs wirkungsvoller, mit mehr Sinn für Dramaturgie und Effekt inszeniert. Verhalten noch eröffnet „We Can’t Be Beat“ das Album mit akustischer Gitarre und Doo-Wop-Harmonien, „Love Is Luck“ gerät dann schon vergleichsweise hymnisch, auch wenn Hamilton Leithauser immer noch heult wie ein liebeskranker Waschbär. „Heartbreaker“ ist noch schwungvoller und das Titelstück gar ein fluffiger Popsong mit eingängigen Riffs und „Oooh-hooo-oohs“ – das könnten auch die Strokes sein an einem ihrer guten Tage. Und die liegen ja schon eine Weile zurück. Das ist vielleicht ein kleines Problem der straighten Stücke auf diesem Album: sie klingen wie gut abgehangener Indie-Gitarrenrock, den man eigentlich gern mal ein paar Jahre wegschließen möchte.
Am besten sind die Walkmen auch auf „Heaven“, wenn sie weiter zurückgehen in der Zeit, Country, Folk, Blues und klassischen Pop belehnen. Am Ende stehen gar zwei herrliche Balladen wie aus den Fünfzigern. Eine heißt „Dreamboat“ und klingt auch so. Danach möchte man gleich wieder ihre wundervolle Interpretation des Harry-Nilsson-Albums „Pussy Cats“ von 2006 hören. (Fat Possum/Cooperative) Maik Brüggemeyer
Beste Songs: „Song For Leigh“, „Dreamboat“