The Gaslight Anthem
Handwritten
Universal VÖ: 20. Juli 2012
Es ist durchaus eine Errungenschaft, wie Gaslight Anthem mehrere musikalische Welten der USA zusammenbringen. Natürlich Springsteens Vorstadtromantik, aber auch der Ostküsten-Punkrock der späten Achtziger und der Grunge der frühen Neunziger – alles drin in diesen weltumarmenden Liedern. Das normale Leben wird bei Brian Fallon groß und muss unbedingt Sinn ergeben, auch wenn der Kampf aussichtslos scheint und die Liebe verzweifelt ist. Dabei sein ist alles, das ist der Trost der kleinen Leute, die immer Jimmy, Johnny und Frankie heißen. Fallon hat diesen Trost viele Male in drei, vier Akkorde gekleidet und ist darüber zu einem amerikanischen Helden geworden.
Das neue Album seiner Band heißt „Handwritten“, weil Gaslight Anthem zu ihrem Ursprung zurückkehren wollten. Den suchte die Band bei Brendan O’Brien in Nashville – O’Brien wird immer hinzugezogen, wenn es um gerade heraus gespielte Platten geht, weshalb er sowohl Springsteen als auch Pearl Jam in der Kundenkartei hat. Und es ist ja wahr: Kaum einer lässt Bands so direkt und lebendig klingen.
Auch Gaslight Anthem scheinen direkt in einem – allerdings schön eingerichteten und klanglich gut ausstaffierten – Proberaum zu spielen. Die Hymnen sind hymnenhaft, die Inbrunst ist inbrünstig, der Rock brennt lichterloh, vielleicht sogar eine Spur mehr als bislang. Man spürt, dass Fallon sich mit seinem Seitenprojekt The Horrible Crows seine dunkle Seite von der Seele geschrieben und nun neue Energie für die laute Rockmusik hat, die hier zudem mit toller Dynamik aufgeführt wird. Bemerkenswert ist allerdings, dass das schönste Lied fast nur eine akustische Gitarre braucht. Es heißt „National Anthem“ und beschließt das Album.
Ganz und gar außergewöhnliche Kompositionen sind nicht auf der Platte, die Mannschaft ist der Star – dass man Fallons Repertoire als distanzierter Betrachter etwas gleichförmig findet, ist nichts Neues. Gutes Album, nichtsdestotrotz.