The Louvin Brothers :: Satan Is Real
In seiner kürzlich erschienenen Autobiografie „Satan Is Real: The Ballad Of The Louvin Brothers“ erzählt Charlie Louvin seinem Co-Autor Benjamin Whitmer noch einmal von jenem Abend des Jahres 1963, an dem Bruder Ira betrunken und in rasendem Jähzorn seine dritte Ehefrau mit einem Telefonkabel erwürgen wollte. Die griff daraufhin zu einer vom Ehemann eigentlich versteckt gehaltenen Pistole und jagte demselben sechs Kugeln in den Leib. Das überlebte Ira zwar. Den Autounfall zwei Jahre später, den ein restlos besoffener Blinder (!) verursachte, überstand er dagegen nicht. Damit endete endgültig die Karriere der anderen Hälfte eines der größten Sangesduos der Country und Gospel Music. Fast wäre sie zehn Jahre zuvor schon einmal – nach der Ankunft von Elvis Presley und dem Rock’n’Roll – auf Grund gelaufen. Dabei hatte sie mit der LP „Tragic Songs Of Life“ gerade erst so vielversprechend abgehoben, dass sich auch die Everly Brothers als große Fans outeten.
Bei Capitol Records sah man das trotzdem nicht so optimistisch und fragte bei den Brüdern ziemlich forsch an, ob Ira nicht von seinem aus der Mode gekommenen Banjo zu einem anderen Instrument wechseln könnte und die beiden überhaupt nicht doch mal auf diesen neuen Rockabilly-Zug aufspringen möchten. Was zumindest Ira in solche Depressionen stürzte, dass er Elvis – das ist verbürgt – gern erwürgt hätte und ab sofort im Alkohol mehr denn je Trost suchte. Am Ende war es der im Januar 2011 gestorbene Charlie, der erleben durfte, wie Gram Parsons mit den Byrds und Emmylou Harris das Vermächtnis der Louvin Brothers durch ihre Aufnahmen für künftige Generationen zu retten begannen.
In diesem Set findet man remastered das Meisterwerk von 1959 mit dem Replikat der LP-Hülle von Capitol Records – und für alle, die man zu Fans machen möchte, eine bescheidene Best-of-Nachlese, genauer gesagt die Lieblingssongs (insgesamt 14) nachgeborener prominenter Kollegen. Für Lucinda Williams ist das „When I Stop Dreaming“, für Will Oldham „Alabama“, für Emmylou Harris „I See A Bridge“. Kris Kristofferson entschied sich für die Mörderballade „Knoxville Girl“, Beck für „The Great Atomic Power“ und Dolly Parton für „Cash On The Barrel Head“. Von den Liedern über Mord und Verdammnis, Sünde und Erlösung fehlen aber trotzdem zu viele wichtige, als dass man es hier auch nur annähernd mit einer definitiven Werkschau zu tun hätte. Auch der Song „Kentucky“, von Will Oldham (der aus Kentucky stammt) mit der Anmerkung kommentiert, den hätten die Louvin Brothers aufgenommen „in order to rope in such souls as mine“. (Light In the Attic/Cargo)