Auf der Bühne der Royal Albert Hall verwandelt sich das Mädchen schließlich in eine grandiose Sängerin, die auf Showeffekte verzichten kann. Sie hat eine große Band dabei, die allerdings bescheiden im Hintergrund bleibt – alle Blicke ruhen auf Adele, immer. „Royal Albert fucking Hall!“ ruft sie nach dem Auftakt, „Hometown Glory“, und ihr dreckiges Lachen scheint gar nicht zu den zarten Songs zu passen – aber genau dieser Widerspruch macht ihre Konzerte aus. Sie singt diese tragischen Liebeslieder mit all ihrem Gefühl und all ihrer Kraft, dazwischen erzählt sie alberne Geschichten. Also hört man irgendeinen Quatsch über Drehtische und Dim-Sum, und dann legt sie mit „Turning Tables“ los, bis man wieder mit offenem Mund dasteht. Zuckerbrot und Peitsche: Adele – die ja immer noch erst 23 ist, man vergisst das manchmal – beherrscht das Schäkern mit dem Publikum, und doch hat man das Gefühl, dass sie jede Zeile, die sie singt, fühlt. Dies ist kein Theater. Sie spielt nichts, sie ist. Neben ihren eigenen Hits hat sie wieder ein paar Coverversionen dabei: den „Lovesong“ von The Cure natürlich und Dylans „Make You Feel My Love“, aber auch „If It Hadn’t Been For Love“ von den Steeldrivers (keine große Herausforderung) und Bonnie Raitts „I Can’t Make You Love Me“ (kongenial). Das große Finale kommt mit „Someone Like You“, alle singen mit, minutenlang, Adeles Stimme flattert ganz kurz mal, dann kullern die Tränen – nicht nur bei ihr. „Rolling In The Deep“ gebe es jetzt halt in einer „very nasal version“, behauptet sie, das stimmt aber gar nicht – es klingt so schön wie alles andere. Der perfekte Abschluss des Adele-Jahres 2011. (XL/Beggars) birgit fuss