Diverse :: The Lost Notebooks Of Hank Williams
Bob Dylan und seine All Stars vertonen Hanks unvollendete Lyrik.
Als Hank Williams am Neujahrstag 1953 im Alter von 29 Jahren auf der Rückbank eines Cadillacs irgendwo in der Nähe von Oak Hill, West Virginia starb, fand man – so die Legende – zu seinen Füßen ein paar Bierdosen und einen unvollendeten Song. In einer Brieftasche trug er zudem Notizbücher mit Songideen und fertigen Texten bei sich. Die Melodien, die er dazu in seinem Kopf gehört haben muss, waren allerdings für immer verloren.
Mehr als ein halbes Jahrhundert später suchten die Williams-Erben nach einem Künstler, der die Songlyrik zu Musik machen könnte, wie es Billy Bragg und Wilco mit den Texten von Woody Guthrie getan hatten. Natürlich wendeten sie sich an den Hüter des amerikanischen Songs, Bob Dylan, der sich aber nicht alle Texte persönlich vornahm, sondern daraus ein All-Star-Projekt machte: Sein Sohn Jakob ist dabei und Williams-Enkelin Holly, Norah Jones und Genre-Größen wie Patty Loveless, Vince Gill und Rodney Crowell. „The Lost Notebooks Of Hank Williams“ erscheint auf Dylans Label Egyptian Records.
Natürlich geht es in diesen Liedern um die Einsamkeit und das gebrochene Herz, die Tränen fließen und der Alkohol, und am Ende steht die Bergpredigt – zelebriert von Hanks Stellvertreter auf Erden, Merle Haggard. „He blessed the poor and simple and he gave the mourners joy.“ Am Anfang dieser jenseitigen Revue steht Alan Jackson mit „You’ve Been Lonesome, Too“ – die Steelgitarre heult, die Fiddle klagt, und der Song klingt keinen Tag jünger als 58. Dann schunkelt Bob Dylan mit „The Love That Faded“ über den Tanzboden und ringt dem todtraurigen Text mit gefühlter Deadpan-Miene eine gewisse Komik ab. Norah Jones säuselt mit Understatement „How Many Times Have You Broken My Heart“, und selbst Jack White hat seine Manierismen bei „You Know That I Know“ einigermaßen unter Kontrolle. Alles steht hier im Geiste des großen Meisters. Naturgemäß fehlt die Dringlichkeit und Spontaneität, die Bragg und Wilco den Guthrie-Texten einhauchten, doch vor allem Lucinda Williams und Levon Helm gelingt es, sich die Williams’sche Lyrik ganz zu eigen zu machen, ohne dass ihr Schöpfer dahinter verschwindet. (Egyptian/Sony) Maik Brüggemeyer
Beste Songs: „“I Am So Happy I Found You“, „You’ll Never Again Be Mine“