Brian Lopez :: Ultra
Schwelgerische Nachtmusik aus der amerikanischen Wüste
In Tucson, Arizona wirkt der Südwesten der USA noch so majestätisch wie in den Filmen von John Ford: karge Wüstenlandschaften, riesige Kakteen, unwirklich weißes Sonnenlicht. Calexico, Howe Gelb und Giant Sand haben sich von der Kulisse des amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiets inspirieren lassen, die Französin Marianne Dissard fand hier eine neue Heimat. Auch Brian Lopez kommt aus diesem Kreis von Musikern, und auch in seinen dramatischen Songs verdichten sich die Verlorenheit und die Weite der Landschaft.
Der Gitarrist und Sänger mit der öligen Lockenpracht hat zuletzt in der Band von Marianne Dissard gespielt – sein Debütalbum „Ultra“ erscheint deshalb beim frankophilien deutschen Label Le Pop. Was besser passt, als man zuerst denkt: Hier trifft ein von europäischen Traditionen unterfütterter Kammerpop – Lopez hat Opern-Gesang studierte – auf die immer leicht pathetische Klangmalerei des Wüstenrock.
Es gibt auf „Ultra“ viele Lieder, bei denen der hohe Kopfgesang des 28-Jährigen Steine zum Schmelzen bringt: In „Molly“ trösten sich eine schluchzende Pedal-Steel-Guitar und eine sentimentale Violine, während Lopez‘ Gesang zwischen Roy Orbison und Justin Vernon oszilliert. Das Ergebnis ist eine herrlich übertriebene Form von Americana. „Where The Cold Wind Blows“ führt dann die Querflöte in den Blues ein und klingt dabei so schwul und schwelgerisch wie ein verliebter Rufus Wainwright. In „El Vagabundo“ spielt Lopez mit einer hinreißenden Melodie, die an ein altes spanisches oder mexikanisches Volkslied erinnert. „Montjuic“ dagegen ist ein rasanter Ritt durch ein weites psychedelisches Land zwischen Love und Radiohead. Mit „Killing Moon“ findet sich auch eine Coverversion von Echo & The Bunnymen, die dem Original in nichts nachsteht – Nachtmusik, definitiv.
„Ultra“ wurde live mit einer „nur“ sechsköpfigen Band eingespielt. Man will es kaum glauben, so opulent klingt dieses kunstvolle Album. Spuren von Rock sind durchaus vorhanden und erwünscht, aber es werden eher die Fans von Antony & The Johnsons und Jeff Buckley sein, die sich hier zu Hause fühlen. (Le Pop/Groove Attack) Jürgen Ziemer
Beste Songs: „El Vagabundo“, „Montjuic“