Stories :: von Breece D’J Pancake
Als das Dutzend Stories erstmals erschien, war der Autor schon drei Jahre tot. Es sind Geschichten aus den Südstaaten, mit dem Schmutz unter den Fingernägeln aber auch zwischen zusammengebissenen Zähnen von Bergbau-Kumpels, minderjährigen Nutten, von Zurückgebliebenen und Zurückgelassenen. In diesem Blues der Verlierer, dieser Einöde südlich der Arschspalte of USA ist das Thema fast jeder Story: We gotta get out of this place, und zwar um alles in der Welt. Schon als „Stories“, das Gesamtwerk des Autors, erstmals erschien, lag auf den Pick-up-Trucks der Staub von Jahren, Früchte des Zorns im Schatten von Badlands. Sprachlich karg, aber im Detail hart, die Vorstellungen von Moral und Recht aus hiesiger Sicht nicht immer einleuchtend. Voller Furchen und Falten. Der Autor, der seinen Mittelnamen einem Tippfehler auf dem Amt verdankt, war fast 27, als er sich umbrachte. Als Todestag wählte er den eines seiner Helden: Phil Ochs. Er schrieb und starb wie Hemingway, lebte und litt mit einem seismographischen Feingefühl. Fast zwanzig Jahre später erscheinen seine Stories auf Deutsch, und was bleibt, ist ein diffuses Gefühl von Staub und Asche. Kein Country für junge Männer. (Weissbooks, 19,80 Euro) Matthias Penzel
Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes ***¿
von Clemens J. Setz
Seine Geschichten handeln von Sex und Gewalt, von käuflicher Mutterliebe, kränkelnden Visitenkarten, rätselhaften Computerspielen und unterwürfigen Freundinnen, die auf Käfighaltung bestehen. Für seinen Einfallsreichtum, aber auch für den abwechslungsreichen und souveränen Einsatz der erzählerischen Mittel in „Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes“ hat Clemens J. Setz erst kürzlich den Preis der Leipziger Buchmesse erhalten. Der Band versammelt Kurzgeschichten, die mit allen Wassern der Postmoderne gewaschen sind, ohne auf billige Pointen zu setzen. Vieles wird mehrfach gespiegelt, selbst das eigene Werk, die Bodenhaftung verliert der 1982 in Graz geborene Autor allerdings selten. Nur manchmal lässt er allzu kräftig die Muskeln spielen. Sein Duktus wirkt oft unterkühlt und distanziert, humorlos ist er keineswegs. Setz mag sich David Lynch und David Foster Wallace konzeptionell zum Vorbild genommen haben, wenn er die Abgründe der Erotik bis ins grausamste und ekelhafteste Detail auslotet. (suhrkamp 19,90 Euro) Alexander Müller