Low :: C’mon
Erhabene, weniger kantige Stücke mit überraschender Softrocknote
Könnte man allmählich ein eigenes Genre draus machen: Platten, die in alten Kirchen aufgenommen wurden. Arcade Fire, PJ Harvey, nun also Low. Wobei das ja zumindest zu zwei Dritteln mormonische Trio bereits 2002 für die Aufnahmen zu „Trust“ in diesen zum Tonstudio umfunktionierten sakralen Raum einkehrte.
Und so ein bisschen wirkt „C’mon“ nach dem exaltierten „The Great Destroyer“, von dem ja ausgerechnet Robert Plant zwei Stücke auf „Band Of Joy“ coverte, und dem kargen, perkussiven „Drums & Guns“ jetzt tatsächlich wie eine Rückkehr zu den sich im Kriechgang entwickelnden und schließlich zu majestätischer Größe erhebenden Stücken früherer Tage. Aber – und bei Low gibt es immer ein Aber, weil sie trotz ihrer musikalischen Langsamkeit nie auf der Stelle treten – „C’mon“ hat vor allem zu Beginn eine ungewohnt süffige kalifornische 70s-Softrocknote, die man sich in der frostigen Low-Heimat des kalten Iron Range ganz sicher nicht einfangen kann. Die stammt wohl von Co-Produzent Matt Beckley, kein „horse with no name“, sondern Sohn von Gerry Beckley of America fame und namhafter Produzent und Toningenieur aus L.A., der schon für Ke$ha, Avril Lavigne und Justin Bieber arbeitete. Klingt schlimmer, als es ist. Es gibt kein Autotune und keinen loudness war auf dieser Platte, und nur ein Song tappt in die Corporate-Rock-Falle (das allzu pathetisch arrangierte „Wolves“). Der Sound ist weniger spröde und kantig, und die Harmonien des Ehepaars Parker/Sparhawk sind ein bisschen wärmer und weicher. Höhepunkte: die dramatischen Low-Momente „Especially Me“ und „Majesty/Magic“ und das innige „Nothing But Heart“, bei dem Wilcos Nels Cline die Hawaii-Gitarre spielt. (Sub Pop/Cargo) Maik Brüggemeyer