I Want My MTV :: von Craig Marks & Rob Tannenbaum
Revolution in Farbe
Those were the days! Man muss nicht dabei gewesen sein, als MTV 1981 an den Start ging, um diese „Uncensored Story Of The Music Video Revolution“ zu schätzen. Tatsächlich bekamen den Auftakt nur wenige mit. Selbst die Crew musste nach New Jersey fahren, um die Einführung live zu sehen – in den Großstädten war der Sender noch nicht verfügbar. Kaum einer glaubte zu Beginn an die Idee: ein Kanal, auf dem nur Musikclips gespielt werden? Welche Musikclips? Es gab nur wenige, aber die Gründer hatten die Chuzpe, auf das Prinzip Hoffnung zu setzen – so wie Kevin Costner in „Feld der Träume“ ein Baseballfeld errichtet, weil ihm eine Stimme zuflüstert: „Wenn du es baust, werden sie kommen.“
Wer mindestens zwei dieser drei Songzitate zuordnen kann, wird dieses Buch lieben: Die Kapitel heißen „Pictures came and broke your heart“, „I play my part and you play your game“ und „Where do we go now?“ – und sie erzählen viel mehr als nur die Geschichte eines Fernsehsenders. Natürlich wird minutiös berichtet, wie sich die ersten VJs plagten und welche Exzesse es mit zunehmendem Erfolg gab. Doch Marks und Tannenbaum befragten ein paar Dutzend Verantwortliche und Kreative, Manager und Musiker, sodass ein schillerndes Bild der 80er-Jahre-Popkultur entsteht. Allein die Expertisen von Duran Duran und Martin Fry sind sensationell. Die Anfangszeit von MTV war geprägt von britischem Pop (es gab nicht genug Videos von US-Bands), bis Hairmetal Einzug hielt, und mit ihm noch größere Geschmacklosigkeiten (Frauen in Käfigen). Ohne ihre Videos wären Bon Jovi und Def Leppard, Poison und Twisted Sister nie so groß geworden – aber Madonna und Michael Jackson auch nicht.
Bald beklagten die Ersten (vor allem leidtragende, weil weniger telegene Musiker) die Oberflächlichkeit des Konzepts, Rassismus und Sexismus. All das konnte MTV wenig anhaben, das Grab schaufelte sich der Sender schließlich selbst. Noch Anfang der 90er-Jahre kamen auch all die angeblichen Alternative-Bands zu jeder Preisverleihung angedackelt, „Smells Like Teen Spirit“ ist ohne das dazugehörige Video undenkbar. Aber mit „Real World“ erschuf MTV die erste große Reality-Show, nach und nach verschwand die Musik aus dem Programm. Der letzte Akt heißt „Nothing lasts forever, and we both know hearts can change“, doch wer diese 600 Seiten gelesen hat, wird einen Stich im Herzen spüren: Schade, dass alles vorbei ist! Und jetzt wollen wir noch die Chronik von MTV Europe lesen. Wie war das denn damals mit Paul King und Ray Cokes, Steve Blame und Kristiane Backer? (Dutton, 20,95 Euro) bf
von Harry Doherty
Das (einzig) Traurige an der Band Queen: Sich intensiver mit den eingebildeten, ständig beleidigten Typen zu befassen, kann jeden Spaß an den großartigen Platten und Videos verderben. So gesehen ist dieses Gimmick-Fanbuch das bestmögliche Kompendium – ein Gleitflug über die Leder-Satin-Oberfläche, mit herausnehmbaren Tickets, Postern, Briefen, Flyern, Backstage-Pässen in Form von nackten Radfahrerinnen und Interview-CD. Eine große, gut riechende Hommage an die vergangenen Macho-Jahre des Pop. (Hannibal, 39,99 Euro) Jh
von Greil Marcus
Es war ja klar, dass es in diesem Buch – Untertitel: „A Lifetime of Listening to Five Mean Years“ – nicht nur um die Doors geht, aber die kulturellen Bögen, die Greil Marcus schlägt, sind wieder einmal atemberaubend. Er braucht nur eine Autofahrt, um seine Thesen zu Lady Gaga, Train und dem ultimativen Popsong unterzubringen, und ein paar Konzerte, um den kompletten Morrison-Mythos zu erklären, vor allem aber geht es um die ewige Glorifizierung der Sixties, an der Marcus nicht teilnehmen will. Trotzdem erklärt er die (Hinter-)Gründe besser als jeder andere. Leider hält er sich auch lange damit auf, Oliver Stones grässlichen Doors-Film zu loben. (Public Affairs, ca. 17 Euro) bf
von Frank Thießies & Tom Küppers
Zwei „Metal Hammer“-Mitarbeiter schreiben „Die Chronik des Krachs“ – das kann ja gar nicht schiefgehen. Humorvoll und doch skrupulös geben sie einen Überblick über die Geschichte des Genres, die verschiedenen Stilrichtungen und die Geisteshaltung der Protagonisten – samt Einordnung in Sachen „Trueness“, „Härtegrad“ und „Nackenbruchfaktor“. Die billigen Bildchen hätte man sich allerdings sparen können. (Heel, 24,99 Euro) bf