Of Montreal :: Paralytic Stalks
Überkandidelter Orchesterpop, mal großkopfert, mal genial
Kevin Barnes scheint sich, wie schon so oft, einiges vorgenommen zu haben. „Paralytic Stalks“ erweckt den Eindruck, als wollte der exzentrische Sänger und Multiinstrumentalist von Of Montreal den Bowieesken Glamrock vergangener Tage wieder zum Glitzern bringen, indem er schneller und öfter die Stilrichtung wechselt, tiefer in die eigene Seele schaut, sich noch theatralischer als sonst inszeniert und die Songs viel weiter ausufern lässt, als es die Pop-Polizei gemeinhin erlaubt.
Das neue, in Barnes‘ heimischem Studio in Athens, Georgia, aufgenommene Album zeigt sich inspiriert von Sufjan Stevens‘ „The Age of Adz“, vom Progrock im Allgemeinen und ELO im Besonderen („Dour Percentage“), von Country („Wintered Debts“), Disco und der bewusstseinserweiternden, spleenigen Popmusik der 60er-Jahre. Unweigerlich läuft es in seinem Trachten nach Erhabenheit und Originalität Gefahr, mit Pauken und Trompeten zu scheitern. Das tut es auch hier und da, aber das ist gut so, denn es scheitert besser als manch anderes, was sich derzeit als anspruchsvolle Unterhaltungsmusik geriert.
Zwar ist „Paralytic Stalks“ stellenweise großkotzig und bombastisch, überambitioniert und extrem nervig. Trotzdem birgt es dank Barnes‘ ausgeprägt symphonischem Spleen Momente großer Schönheit, der Verzweiflung wie der Ausgelassenheit. (Polyvinyl) Alexander Müller
Beste Songs: „Gelid Ascent“, „Dour Percentage“