Matt Berry :: Witchazel
Britischer Witzbold entwirft eine psychedelisch-soulige Pastorale.
Weil Matt Berry hauptberuflich TV-Comedian ist, rechnet man natürlich mit Seltsamkeiten. Wahrscheinlich käme einem diese Platte aber auch dann merkwürdig vor, wenn man ihn nicht als Douglas Bainbridge aus der Serie „The IT Crowd“ kennen würde. „Witchazel“ ist eine Spät-Sechziger-Pastorale zwischen Folk, Psychedelia und Northern Soul, ein kauzig-mystisches Period-Piece in Herbstfarben, bei dem sich Matt Berry im Lodenmantel auf eine unheimliche Landpartie begibt.
In „Look In My Book“ verkleidet sich Berry zum Beispiel als Donovan, zieht aus seinem von Geistern heimgesuchten Haus aus und verflucht das Landleben: „I don’t give a damn for the cows and the sheep as they strain to excrete.“ Zum Klaviergroove von „So Low“ stürzt er sich euphorisch ins Selbstmitleid, bei „Into The Sky“ verwandelt er sich in Curtis Mayfield. Und in „From The Manger To The Mortuary“ verzichtet Berry gleich ganz auf einen Text und erzählt eine Lebensgeschichte mit Babygeschrei, Kinderlachen, Stöhnen, Schreien und Totenglocken. Auch die achtminütige Folk-Rock-Funk-Suite „The Pheasant“ ist eher musikalisches Hörspiel denn Popsong. „Witchazel“ mag zwar eine ziemlich schrullige Angelegenheit sein, die Songs sind aber stilsicher, sorgfältig, ernst- und gewissenhaft gestaltet. (Acid Jazz/Broken Silence) Gunther Reinhardt
Beste Songs: „So Low“, „Rain Came Down“
Nickelback H1/2
Here And Now
Die Kanadier bleiben bei austauschbaren Poprock-Stampfern.
„Bottoms up“ heißt ein Lied vom neuen Nickelback-Album. Ärsche hoch! Sie würden spielen, bis sie jemand rausschmeißt, brüllt Chad Kroeger – das ist vielleicht wirklich das Selbstverständnis der Kanadier, die als Coverband in Bars anfingen und nun 45 Millionen Alben verkauft haben. Chad Kroeger war anfangs unser Mann, weil der Hardrock Unbeugsamkeit und Moderesistenz signalisierte. Dann klangen die Singles aber alle gleich, das verdarb den Spaß.
Auf dem neuen Werk sind immerhin einige unterhaltsame Power-Metal-Riffs, doch vier, fünf austauschbare Poplieder liegen deutlich jenseits der Kitschgrenze, und ein paar pumpende Stiernacken-Hardrock-Stampfer belegen leider, dass die Band eher die große Sause als interessantes Songwriting im Kopf hat. Party on, Chad. (Roadrunner) Jörn Schlüter
Beste Songs: „This Means War“, „Bottoms Up“