The Strokes – Angles
Keine Frage, in jenen Tagen waren die Strokes die Könige der Welt. Es ist übrigens keineswegs erstaunlich, dass ausgerechnet eine scheinbar vollkommen unpolitische Band wie diese den Zeitgeist eines politisch so brisanten Jahrzehnts prägte. Casablancas‘ Texte mögen auf den ersten Blick Nonsens sein, bei genauerer Betrachtung spiegeln sich in ihnen die Grundgefühle seiner Generation: Ohnmacht, Reizüberflutung, konstante Überforderung, Beziehungsunfähigkeit, Zerrissenheit, latente Angst – das sind die Themen, mit denen der Textdichter Julian Casablancas sich auskennt.
Trotzdem ist etwas schiefgegangen: Die Strokes wurden dann doch nicht die größte Band ihrer Generation, nur die formell wichtigste. Während sie sich in eine mehrjährige Pause begaben, gewannen Arcade Fire den Grammy für das beste Album, die Kings Of Leon und die Killers eroberten die Stadien.
Nun ist Julian Casablancas ja ein Mann, der Tourneen hasst und unbeeindruckt von Zeitläuften und Business-Gesetzmäßigkeiten stets so lange vor sich hinwurschtelt, bis er mal wieder ein paar Songs fertig hat. Als er vor zwei Jahren so weit war, hatte keiner der anderen Strokes Lust, eine neue Platte zu machen. Also nahm Casablancas seine Songs alleine auf.
Sie sagen es nicht so deutlich, aber irgendwann in jener Phase gab es wohl den Zeitpunkt, als das Verhältnis zwischen den ehemaligen Freunden so zerrüttet war, dass der Fortbestand der Band in den Sternen stand. Da können auch die kumpelhaften Blödel-Videos aus der Entstehungsphase dieses Albums nicht drüber hinwegtäuschen. Man weiß nicht, wie sich das inzwischen verhält, aber angeblich hat Casablancas seinen Gesang alleine aufgenommen. Trotzdem sprechen alle Strokes in Interviews zu „Angles“ von der ersten echten Bandplatte dieser Karriere. Aufgenommen haben sie das Album auf eigene Faust daheim bei Albert Hammond Jr. Und tatsächlich beteiligten sich zum ersten Mal alle am Songwriting, Nick Valensi tat sich besonders hervor. Allerdings hört man vom Demokratisierungsprozess nicht viel: Das Rückgrat dieser Platte bilden drei klassische Strokes-Songs, die zum Besten gehören, was diese Band bis jetzt gemacht hat: die bereits bekannte erste Single „Undercover Of Darkness“, das alles überstrahlende Präzisionsfeuer „Taken For A Fool“ und das manische „Metabolism“.
Das nach einer alten Inkastadt betitelte „Machu Picchu“ kombiniert einen Casablancas‘ Reggae-Leidenschaft geschuldeten Beat mit den typischen Strokes-Ingredienzien, „You’re So Right“ hangelt sich an einem zackigen Strobo-Beat entlang, „Games“ ist fluffiger Eighties-Pop in Reinform, „Call Me Back“ schließlich eine schöne Liebeskummer-Miniatur.