Gregg Allman :: Low Country Blues
T Bone Burnett reist mit Allman ins Blues-Delta und nach Chicago.
Er hätte gut in diese Riege älterer Männer gepasst, die sich 2010 noch mal zu Größerem berufen fühlten. Doch eine neue Leber für den Hepatitiskranken verhinderte eine frühere Veröffentlichung. Immerhin beflügelte „Low Country Blues“ die Genesung, denn schon Anfang des vergangenen Jahres hatte – wer sonst? – T Bone Burnett den zunächst skeptischen Allman-Bruder zu seinem ersten Soloalbum seit 13 Jahren bewegt. Mit dem bewährten Köder, er kenne da viele alte Blues-Songs, die nur auf eine/seine Neuinterpretation warteten …
„Low Country Blues“ ist eine geografische Referenz an Gregg Allmans Heimat in Georgia, kein stilistisches Titel-Manifest. Gerade die Reise nach Chicago fällt mit Visiten bei Junior Wells („Little By Little“), Muddy Waters („I Can’t Be Satisfied“), Magic Sam („My Love Is Your Love“) und Otis Rush („Checking On My Baby“) umfassend aus. Doch streift die Route auch frühe Tennessee/Delta-Pioniere wie Sleepy John Estes („Floating Bridge“) und Skip James („Devil Got My Woman“) oder mit dem Lamento „Tears Tears Tears“ ein untypisches Exponat von Texas-Jumper Amos Milburn. Nur die einzige Allman-Nummer hätte gern einem weiteren Traditional weichen dürfen: „Just Another Rider“ variiert nur das bekannte „Midnight Rider“.
Um die bewährte Rhythmusgruppe Dennis Crouch/Jay Bellerose scharte Burnett am Piano einen aufgeweckten Dr. John und an der Gitarre Doyle Bramhall II, stets gut für scharf splitternde Licks und dumpf brütende Slidefiguren. Dazu arrangiert Trompeter Darrell Leonard Bläser, etwa für Little Miltons souliges „Blind Man“, das Allman mit besonderem Gusto für sich reklamiert. Doch ist generell festzustellen: Nachdem er zuletzt auch noch Nikotin und Pot-Pfeife entsagte, ist Gregg Allmans gutturaler Southern accent ganz auf der Höhe seiner jetzt 63 Jahre angekommen – und dabei so vital geblieben wie der eines frisch verliebten Blues-Jüngers. (Rounder/Universal) Jörg Feyer