Drive-By Truckers :: Go-Go Boots
Die Routiniers bieten wieder ein Country-Soul-Rock-Füllhorn
„Ganz nett“, mag man sich denken, wenn Mike Colley „I do believe I saw you standing there/ Sunlight in your hair/ Reflecting in your eyes“ singt. „Ganz nett“ ist bekanntlich die kleine Schwester … Oder vielleicht eher so: „Go-Go Boots“ ist die picklige, pubertierende Enkelin der amerikanischen Meisterwerke „American Beauty“ und „Sailin‘ Shoes“, nur ohne erinnerungswürdige Songs. Die fehlen der Band aus Athens seit ihrer Gründung 1996. Daran ändert hier auch der edel-patinierte Sound wenig.
Natürlich ist den Drive-By Truckers wieder ein Füllhorn an Alternative-Rock und erdigem Country-Soul gelungen. Schon heult die Pedal-Steel, schon perlt das Piano, schon rupft und zupft das Banjo und ein lonesome stranger reitet zum Boom-Chicka-Boom-Rhythmus gen Sonnenuntergang. Die Songs heißen „Ray’s Automatic Weapon“ und „The Fireplace Poker“; es geht um Girls, Glücksspiel, Wagen und Waffen. Damit das nicht zu klischiert amerikanisch daherkommt, wird auch mal ein bitter-ironisches Lied wie „Assholes“ eingebaut. Wohl dosierte, kleine Verspieler sollen zudem Lässigkeit bezeugen. Doch das kann die Tatsache nicht verschleiern, dass die Drive-By Truckers Routiniers sind – oder wie es im hiesigen Musikerduktus treffend heißt: Mucker. Eine angenehme Ausnahme macht Shonna Tucker, die nicht nur wunderbar den Bass bedient, sondern auf „Dancin‘ Ricky“ und „Where’s Eddie“ so hingebungsvoll und beseelt singt wie Stevie Nicks auf den Fleetwood-Mac-Platten der 70er-Jahre. „Everybody Needs Love“ ist die große Lennon-Botschaft mit entsprechender Geste, „Used To Be A Cop“ verliert sich in fiebrig duellierenden Gitarren.
Die Drive-By Truckers beherrschen ihr Handwerk, daran gibt es nichts zu deuteln. „Go-Go Boots“ ist ihre solideste Platte mit ein paar kleinen Höhepunkten. Unterm Strich ganz nett. (Pias) Max Gösche