Morrissey :: Bona Drag
Ganz viele Singles auf der erweiterten Anthologie von 1990
Zwei Jahre nach Morrisseys Debüt als Solokünstler erscheint 1990 „Bona Drag“, eine lose Zusammenstellung aus Singles – wie „Piccadilly Palare“, „Interesting Drug“, „November Spawned A Monster“ oder das melodiös-schwebende „Everyday Is Like Sunday“ – und B-Seiten wie das ins Derbe mündende „Such A Little Thing Makes Such A Big Difference“, in dem Morrissey ungewöhnlich deutlich feststellt: „Most people keep their brains/ Between their legs.“
Ungewöhnlich, weil der Sonderling aus Manchester, zumindest was Sexualität und Körperlichkeit anbelangt, eher doppeldeutig und chiffrierend dichtet. So wie durch den Titel „Bona Drag“ („Schönes Outfit“) in der Kunstsprache Polari kommuniziert wird. Polari ist ein Mischmasch aus Englisch, Italienisch, Jiddisch, Seemanns-Slang, der Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem in der Schwulenkultur beliebt war, um sich diskret zu verständigen.
Gleich im Eröffnungsstück „Piccadilly Palare“ (Andy Rourke am Bass und Graham McPherson von Madness als Zweitstimme) erzählt er die Geschichte eines männlichen Strichers mit authentischem Zungenschlag. Bei den sechs Bonus-Tracks handelt es sich um bis dato offiziell unveröffentlichte Aufnahmen. „Please Help The Cause Against Loneliness“ wurde von Morrissey und Produzent Stephen Street für die britische Pop-Sängerin Sandy Shaw geschrieben. Die theatralische Stimmführung, die großen Gesten, die ineinander verzahnten Gitarrenspuren erinnern freilich an die Smiths, dennoch stellt „Bona Drag“ einen weiteren Schritt zur Loslösung von der Band da. Schönes Outfit! (EMI) frédéric schwilden