Black Dub :: Black Dub
Daniel Lanois‘ aktuelle Spielerei: eine reizvolle Jamaika-Jamsession
Wie sein Kollege Brian Eno ist auch Daniel Lanois ein Experte, wenn es um die Addition von „Feenstaub“ geht. Jenem gewissen Etwas, dass aus einem guten Album ein Meisterwerk macht. Schon Anfang der Achtziger produzierte der Gitarrist aus Quebec Bands wie Martha & The Muffins, die Zusammenarbeiten mit Eno bei den Ambient-Klassikern „On Land“ und „Apollo“ sorgte schon bald für den Ruf eines Sound-Genies. Egal, mit wem Lanois seitdem zusammenarbeitete – U2, Bob Dylan, Peter Gabriel, oder zuletzt Neil Young -, fast immer kam etwas Außergewöhnliches dabei heraus. Trotz des weitläufigen Cinemascope-Sounds findet man in von Lanois produzierten Songs meist eine ungeheuer dichte Atmosphäre.
Das Black-Dub-Projekt erscheint dagegen wie eine Spielerei, eine Jam-Session mit Wurzeln im jamaikanischen Dub. Neben Lanois gehören zu dem Kollektiv der Jazz-Schlagzeuger Brian Blade, der Bassist Darryl Johnson und die Sängerin Trixie Whitley. Viele Stücke des Albums entstanden live, in einem einzigen Take und ohne Overdubs. Einige Songs wirken deshalb ein wenig unfertig und skizzenhaft. Doch das Songwriting ist ohnehin nicht die Stärke von Black Dub: Das dezent U2-hafte „Canaan“ variiert sein Gospel-Motiv nur minimal, es geht den Musikern eher um Steigerung und Verdichtung. Am besten ist das Kollektiv immer dann, wenn es den Musikern wie in „Love Lives“ gelingt, eine physische Spannung aufzubauen. Das Fade-in/Fade-out-Prinzip des Dub ist hier nicht nur ein Merkmal der Produktion, sondern auch die Basis des Zusammenspiels. Dem Drummer Brian Blade, der mit Größen wie Herbie Hancock und Chick Corea gespielt hat, gelingt es mühelos, eine Struktur zu erschaffen, die von Daryl Johnsons Bass mitgetragen wird. Lanois sorgt mit seiner Gitarre für den fairy dust, für Sounds zwischen schwebend und zupackend. Trixie Whitley, die Tochter des verstorbenen Chris Whitley, schafft es nicht immer, mit ihrer eigentlich umwerfenden Stimme dafür zu sorgen, dass aus der Summe der Teile ein Song wird. Die Coverversion von Tenor Saws „Ring The Alarm“ wird zu bombastisch aufgeblasenem Muckertum.
Als Ganzes ist „Black Dub“ trotzdem eine reizvolle Angelegenheit. Was dem Rock früher der Blues war, das Fundament gemeinsamer Improvisationen, ist hier die Klang-Ökonomie des Dub-Reggae: Es geht nicht um die kollektive Entladung, es geht um die intensive Spannung davor. (Sony) Jürgen Ziemer