Alphaville :: Catching Rays On Giant
Der Pop von Marian Gold ist allzu billig und nicht mehr zeitgemäß
Selbstverständlich sind Alphaville noch heute ganz groß in Thailand, Mexiko, Malaysia und Polynesien. Doch wenn Marian Gold durch Deutschland tingelt, um neue Musik an den Mann zu bringen, muss er sich noch immer halbinformierten ZDF-Moderatoren und nassforschen Bediensteten von „Radio Sachsen“ erwehren, die dienstbeflissen sicherstellen, dass „alte Fans“ auf Konzerten auch ganz sicher mit „Forever Young“ und „Big In Japan“ rechnen dürfen. Dabei wirkt Gold in all seiner besoffenen Verstrahltheit zwischen unheilbarem Eso-Wahn, Captain Future, Klaus Schulze und Neoromantizismus so grundsympathisch wie kaum ein anderer deutscher Musiker. Neben vielen ordentlichen Songs schrieben Alphaville auch drei Lieder für die Ewigkeit: „Summer Rain“, „Carol Masters“ und „Lassie Come Home“. Hier sann Gold still den Augenblicken nach, wie David Sylvian auf „Secrets Of The Beehive“.
Nun aber scheint bereits das scheußliche Cover-Artwork von „Catching Rays On Giant“ den Niedergang des Alchemisten anzukündigen. Bleibt es so schlimm? Das allzu gut gelaunte „Song For No One“ (mit Männerchor), „The Things I Didn’t Do“ (mit Frauenchor) und „I Die For You Today“ werden die Ü30-Discos rocken, das flotte „Gravitation Breakdown“ zitiert laut Infoschreiben „das Intro des legendären Cure-Songs, Into The Trees'“ (den es natürlich gar nicht gibt!), in „The Deep“ und „Miracle Healing“ erreichen Alphaville zumindest in Ansätzen die Innerlichkeit der besinnlichen Momente von „The Breathtaking Blue“ aus dem Jahre 1989. Doch das bowieeske Schillern eines Songs wie „Romeos“ wird nicht mehr erreicht. Hier klingt vieles billig, seltsam schal und, man muss es leider sagen: Nicht mehr zeitgemäß. In Liebe: Jan Wigger (Universal)