John Lennon & Yoko Ono :: Double Fantasy (Stripped Down)
Vor zehn Jahren kam Yoko Ono auf die Idee, dass George Marino „Double Fantasy“ vernünftig remastern müsse, um das letzte zu Lennons Lebzeiten veröffentlichte Album klanglich auf die Höhe der Zeit zu bringen. Vier Jahre später ließ sie dann Peter Cobbin von den übrigen Platten neue Abmischungen von den Multitracks erstellen. Pünktlich zum 70. Geburtstag liegen die Platten einzeln wie auch in der „Signature Box“ in schon wieder neuem Remastering vor.
Jedenfalls bis auf „Double Fantasy“. Von dem findet man in besagtem Box-Set weiterhin das Marino-Remaster. Irgendwie schaffte Ono es, Jack Douglas – den Produzenten – davon zu überzeugen, dass dieses Album (und vor allem die Lennon-Stücke) doch überproduziert und mit zeitgeistigem Ballast überfrachtet seien. Das müsse man korrigieren und alle Songs neu abmischen. Bei dem als Doppel-CD separat vorgelegten Set „Double Fantasy Stripped Down“ darf man jetzt grübeln, ob die Platte tatsächlich so überproduziert war. Bei den Remixes verzichtete das Team auf die jubilierenden himmlischen Chöre im Hintergrund, die man immer schon als Kitsch-Element empfinden konnte. Statt dessen mischte man gern auch schon mal das angezählte Intro zu, und wie das rockige „Cleanup Time“ kommen viele der Aufnahmen jetzt längeren Mixes. Da gibt es jetzt weder das typische Sun-Records-Echo noch die vormals häufigen endlosen Hallräume, dafür im Zweifelsfall sattere Bässe und fettere Gitarren (sprich mehr Funk als Disco). Denselben Vorstellungen entspricht auch, dass Piano und Keyboards nicht mehr nachträglich elektronisch verfremdet sind. Dass Lennons Stimme hier allerdings gleich nirgends mehr double-tracked erklingt, ist etwas gewöhnungsbedürftig. Diese Marotte kultivierte er bekanntlich schon seit „mittleren“ Beatles-Jahren, als er den Effekt erstmals ausprobierte.
Bei „Yes, I’m Your Angel“ gibt Yoko Ono mehr denn je ihren besten Tiny Tim, auch wenn der Song seinerseits glatt ein wenig von Harry Nilsson inspiriert klingt. „Beautiful Boys“ beginnt jetzt mit einem Flamenco-Intro und nicht mit elektronischem Tand. „Dear Yoko“ ist im Remix noch unmissverständlicher als Buddy-Holly-Hommage identifizierbar. Denselben nennt er jetzt in der Neufassung in der Widmung zu Beginn von „(Just Like) Starting Over“ als letztes seiner Idole – nach Gene, Eddie und Elvis.
Die Idee, den Sänger stimmlich „nackt“ und ohne Studio-Retuschen irgendwelcher Art zu Gehör zu bringen, wurde bei den Remixes konsequent umgesetzt. Ein bisschen viel Kult schwingt dann doch mit, wenn Yoko Ono in den Liner Notes zitiert wird: „No other rocker was ever able to come near him in his voice, his passion, and in his articulation. He is a modern day Shakespeare in his diction.“ Unfein wird mancher womöglich finden, dass etliche Raritäten, Demos und exzellente Studio-Outtakes der „Signature Box“ exklusiv vorbehalten wurden.