Elton John & Leon Russell :: The Union
Die Nachricht von der Zusammenarbeit mit Leon Russell verwirrte zunächst die Gemüter. Etwa ein Blues-Album? Einmal mehr ein überflüssiges Back-To-The-Roots-Projekt? Gott bewahre! Doch, ach, welch ein Segen die ersten Pianoakkorde von „If It Wasn’t Bad“ zu hören, das breitgezogene Krähen von Russell, das von Johns akzentuiertem Tenor so wider Erwarten gut ergänzt wird. Wenn die beiden ungleichen Senioren zum Refrain von „Eight Hundred Dollar Shoes“ anheben – spätestens dann stellt sich eine wohlige Vertrautheit ein, die an Johns „Tumbleweed Connection“ oder an die unzähligen Alben, auf denen Russell als Gastmusiker brilliert, denken lässt. Also entspannt zurücklehnen und lauschen, was da noch so kommt. Zum Beispiel die aufgeweckte Rhythm’n’Blues-Nummer „Hey Ahab“. Oder der forsche Aufgalopp „Monkey Suit“. Solche Stücke gehen eindeutig auf Russells Konto. Das honky-tonkige Klavierspiel, um das sich John stets bemüht hat, geht dem routinierten Session-Crack Russell mit spielerischer Leichtigkeit von der Hand – was an einigen Stellen allerdings zu dick aufgetragen, zu verschwoft wirkt.
Aber es sind Johns grandiose Balladen, die „The Union“ über geläufige Altherrenmusik hinausheben, ja sogar an Jackson Brownes tief melancholisches Meisterwerk „Time The Conqueror“ heranreichen. In „Gone To Shiloh“ mischt sich Neil Young mit schneidend klarem Gesang in diesen unfassbaren Trauermarsch. Young, dessen Stimme zuletzt jenseitig durch den Privatpalast von Daniel Lanois echote, findet hier zu irdischer Ausdruckskraft zurück. Wer jetzt keine Träne verdrückt, bleibt ein unheilbarer Zyniker.
Anders als sein amerikanischer Kontrahent Billy Joel, der die Popmusik einfach aufgegeben hat, hörte Elton John nie auf, seine Liedkunst weiter zu formen. Die Resulate waren in den 80er- und 90er-Jahren allerdings eher selten erfreulich. Aber durch diese Untiefen mussten sie fast alle gehen, die großen und kleinen großen Songwriter. Mit „The Union“ leiten John und Russell – ein bisschen spät – jetzt endlich ihr gebührendes Alterswerk ein. (universal) max gösche
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