Tina Dico :: Welcome Back Colour
Neuer Kunstpop und Akustikversionen älterer Stücke der Dänin
In Zeiten, in denen die Temperaturen milder werden und Polkappen schmelzen, lässt es sich auch in Dänemark gut leben. Nach acht Jahren freiwilligen Exils in London ist Tina Dico in ihre Heimat zurückgekehrt. Dies nahm sie zum Anlass, ihr bisheriges Schaffen Revue passieren zu lassen. Ihr neues, mittlerweile neuntes Album ist opulent ausgestattet. Es kommt als Doppel-CD daher und versammelt Popkunsthits wie „Count To Ten“ oder „Warm Sand“, aber auch neues Material wie den titelgebenden Song. Dass es sich aber nicht bloß um eine gefällige Best-Of-Compilation handelt, dafür sorgt vor allem die zweite CD, die mit karg instrumentierten Akustikversionen ihrer Lieder aufwartet.
Tina Dico hat sich seit jeher als kompromisslos erwiesen. Trotz zweier Angebote von Plattenfirmen zog sie es vor, ihr eigenes Label Finest Gramophone für ihr Debüt „Fuel“ 2001 zu gründen. Der Erfolg – zumindest in Dänemark – gab ihr Recht, wo sie 2004 als beste Komponistin und Sängerin ausgezeichnet wurde. Weitere Auszeichnungen folgten.
Auf „Welcome Back Colour“ inszeniert die wache Sängerin ihre persönliche Klimaerwärmung. Sie nimmt den Hörer mit nach Washington, New York oder Paris, wo ihre emotionalen Songs entstanden. Das Album ist – ungeachtet melancholischer Untertöne – mehr als eine intime Reise in Dicos Innenwelt. Wie Candide scheint die dänische Songwriterin an dem Punkt angelangt, ihren eigenen Garten auch mit dezenten ironischen Gewächsen zu bestellen. (Finest Gramophone) Andreas Walker
Ray Davies H1/2
See My Friends
Davies covert sich mit Unterstützung prominenter Kollegen selbst
Vermaledeites Urheberrecht! Wie soll man Songs nur vor den Leuten beschützen, die sie geschrieben haben? Oder anders gefragt: Ist es ernsthaft möglich, dass Ray Davies – der in „Denmark Street“ die Musikverleger mit gierigen Pimps verglich und in „Top Of The Pops“ über die vielen besten Freunde spottete, die gut verkaufende Popstars haben – ein Tribute-Album an sich selbst herausbringt, auf dem er Leute wie Metallica, Billy Corgan und Springsteen als Kumpels präsentiert, die mit ihm mal eben die schönsten Kinks-Hits schubbern, wie im Festzelt? Vielleicht habe ich auch nur Davies‘ genialen Hintersinn nicht kapiert. Dass er dem Möchtegern-Filmstar Bon Jovi „Celluloid Heroes“ in den Mund legt. Dass er Metallica, die immer so stolz sind auf ihre irren Tonleitern, den Troglodyten-Beat von „You Really Got Me“ aufzwingt. Dass er den verschnarchten Snow-Patrol-Sänger Gary Lightbody gerade „Tired (!) Of Waiting“ hauchen lässt.
Im Ernst: Bei dieser All-Star-Platte stinkt nicht nur das Konzept, auch die Musik selbst ist schwach, mit wenigen Ausnahmen: Jackson Browne, Lucinda Williams, Alex Chilton selig. Ray Davies braucht Geld. Überweisen Sie ihm welches. (Universal) Joachim Hentschel
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